#1

Ruohr und Iqara

in Texte aus Brightgale 04.06.2014 02:55
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

Ruohr und Iqara lebten einst im Kosmos, als glückliches, einander liebendes Paar.
Ruohr war strahlend und stark, Iqara war hell und schön.
Gemeinsam wanderten sie durch den Kosmos, froh und und zufrieden.
Iqara war guter Hoffnung und nach einiger Zeit gebar sie die Welt.
Aber so müde und erschöpft war sie nach der Niederkunft, dass sie sich auf die kalte, karge Erde niederließ und einschlief.
Und so sehr Ruohr sie auch rüttelte und ihren Namen rief - sie erwachte nicht.
Da weinte Ruohr und wo seine Tränen den Boden berührten, wuchsen Pflanzen und Bäume, während andere davonflossen, Bäche, Flüsse und Meere bildeten.
Doch Iqara rührte sich nicht, antwortete nicht, erwachte nicht.
In seiner Einsamkeit begann Ruohr zu singen und sein Gesang erschuf Tiere, welche in das Lied einstimmten.
Doch Iqara rührte sich nicht, antwortete nicht, erwachte nicht.
In seiner Trauer griff Ruohr nach Strohhalmen und machte kleine Puppen daraus, die Kinder, welche er sich immer mit Iqara ersehnt hatte. Und aus Stroh wurde Fleisch und Blut, aus Puppen Menschen und sie bevölkerten die Welt, errichteten Häuser, Städte und Länder.
Doch Iqara rührte sich nicht, antwortete nicht, erwachte nicht.
In seiner Verzweiflung nahm Ruohr schließlich einen Pinsel, malte mit feinen Linien ein Bild seiner Frau und auch sie erwachte zum Leben, glich Iqara bis aufs Haar - nur ihre Seiten waren vertauscht.
So angetan war Ruohr von seiner jüngsten Schöpfung, dass er seine Gemahlin liegen ließ, wo sie war und mit ihrem Bildnis davon ging, es liebte und zu seiner neuen Gattin machte, obgleich es missgünstiger und eigensinniger Natur war.
Bald vergaß Ruohr Iqara und verbrachte eine vergnügliche Zeit mit ihrem Ebenbild, welches ihm eines Tages einen Sohn gebar, von wunderschöner Gestalt und mit weißen Flügeln.
Der Schrei dieses Neugeborenen erweckte endlich die schlafende Iqara.
Doch als diese sah, was geschehen war, ward sie traurig und zog von dannen, zurück in den Himmel von wo sie gekommen war, wurde der Mond und wanderte rastlos durch das Firmament.
Dieser Anblick brach Ruohrs Herz und er wurde zornig auf Iqaras Ebenbild, welches ihn so verleitet hatte.
Also verbannte er es in das Wasser, von wo aus es fortan alles spiegelte, was darüber glitt, und zur Mutter der Dämonen wurde.
Ruohr selbst stieg ebenfalls zum Himmel empor, wurde zur Sonne und folgte von da an seiner geliebten Frau Iqara, dazu verdammt, sie niemals zu finden.
Der Sohn Ruohrs und des Spiegelbilds aber wurde zum ersten Engel und wandelte stets zwischen Himmel und Erde, als Bote zwischen der Menschheit und dem himmlischen Paar.

Und seitdem wartet die Welt auf den Tag, da Rouhr und Iqara, Sonne und Mond, Vater und Mutter, wieder zueinander finden.






zuletzt bearbeitet 05.06.2014 12:14 | nach oben springen
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