Beschreibung des Themas

Früher wohl eines der größten Gebäude der Stadt, sind heute nur noch die vom Feuer geschwärzten Grundmauern des Tempels von Ruohr und Iqara übrig.
Was es an Schätzen gab, wurde längst geplündert, zwischen den Steinen wuchert Unkraut und wo einst das innerste Heiligtum lag, wächst nun eine Linde.
#1

Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 16:39
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

Nathaniel -> Ankunft

Der Regen hatte sich gelegt, die Sonne tauchte die Welt in ihr sanftes, warmes Herbstlicht.
Es war lange her, dass Nathaniel zuletzt hier gewesen war.
Ihm schien, als sei die Linde, deren Laub sich langsam in sattes Gold wandelte, noch ein ganzes Stück in die Höhe geschossen.
Vielleicht war es aber auch nur seine Einbildung, die ihm aus irgendeinem Grund einen Streich spielte.
Langsam nur schritt er auf den großen, alten Baum zu, der auf diesem heiligen Boden spross und gedeihte.
Nathaniels Mutter hatte immer erzählt, dass die alten Götter hier noch am Leben waren.
Doch er wusste es besser.
Die alten Götter waren tot, genau wie seine Mutter es war, nach jenem Unfall kurz nach ihrem letzten gemeinsamen Ausflug hierher.
Wie oft hatte er sich selbst verflucht, seine Worte, seine Bitte, herzukommen.
Es war kein Zufall, dass er heute hierher zurückkehrte.
Zu Füßen des Baums lag ein großer Stein, wurde von den alten Wurzeln umarmt, vom Regen verschont.
Darauf ließ Nathaniel sich nieder, schloss die Augen und blieb einen Moment lang ganz still sitzen, lauschte dem eigenen Atem.
Er konnte nicht zurück, das wusste er.
Es würde nicht lange dauern, bis alle Welt erfahren würde, dass er in seiner Unfähigkeit, seiner Unachtsamkeit einen Adligen getötet hatte. Man würde über ihn reden, niemand würde ihm jemals wieder Arbeit geben.
Nicht als Heiler.
Denn wenn er im Mittelpunkt stünde, würde früher oder später auch sein Geheimnis aufgedeckt werden.
Womöglich war es das bereits.
Wahrscheinlich war es nie sicher gewesen.
Er hatte den Blick jenes Elfenmannes gespürt, das Erkennen, obwohl er ihn nicht angeschaut, seine Arbeitskleidung nicht getragen hatte.
Und auch diese Frau wusste es, da war er sicher.
Sie hatte keinen Halt davor gemacht, Lügen über Lian zu verbreiten.
Was sollte sie daran hindern, dasselbe mit der Wahrheit über Nathaniel zu tun?
Nein, er konnte nicht zurück zur Akademie.
Alles was ihn erwarten würde, wäre ein Leben in Schande.
Letztendlich würden alle Wege dazu führen, dass er bis zum Ende davon leben müsste, seinen Körper wieder und wieder zu verkaufen.
Und das wollte er nicht.
Das wollte er um keinen Preis der Welt, er war bereit, den einzigen zu zahlen, der dieses Schicksal abwenden würde.
Unter seinem Gewand zog Nathaniel sein Medaillon hervor, das bis gerade noch über seinem Herzen geruht hatte.
Er öffnete es, betrachtete das Antlitz seiner Mutter.
"Ich liebe dich", wisperte er. "Es tut mir leid, dass ich deinen Wunsch nicht erfüllen konnte."
Er küsste das Bild, ehe er es wieder verschloss, den Anhänger fest mit seiner linken Hand umklammerte.
Er hatte nie an ein Jenseits geglaubt, nie daran gedacht, seine Mutter im Nachleben wiederzusehen.
Aber ob er bei ihr sein würde oder nicht würde nichts ändern.
Sie würde nicht weniger bei ihm sein als sie es nun war.
Nathaniel zitterte, als er das glänzende Messer hervorzog.
Er schloss die Augen, als er es sich mit einer raschen Bewegung in die Brust rammte.






zuletzt bearbeitet 06.01.2015 18:21 | nach oben springen

#2

RE: Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 17:23
von Ragnarök Adliger | 7.002 Beiträge

Arahiel -> Ankunft

Kaum außer Sichtweite der Stadt, da zeigte Arahiel seine prächtigen Schwingen, ließ sich von ihnen in die Luft befördern. Eigentlich war er auf der Suche nach Lucille gewesen. Eigentlich. Doch wie schon so häufig, kam ihm etwas dazwischen. So flog er gerade über eine Tempelruine, schwarz vom Kuss des Feuers, da erblickte er einen zusammengekrümmten Körper, beinahe verdeckt vom Laub der Linde.
Einen Moment zögerte Arahiel, ehe er unterdrückt fluchte und mit einigen, kräftigen Flügelschlägen zur Landung überging. Die Schwingen noch immer ausgebreitet näherte er sich dem jungen Mann, roch Blut, Alkohol, Schwäche, die sein inneres Feuer des Zorns schürten. Die Menschen waren erbärmlich, warfen ihr Leben fort - für was?
Arahiel ging neben dem Körper in die Hocke, seine Schwingen zur Balance wie ein Baldachin ausgebreitet. Vorsichtig tastete er am Hals des anderen nach einem Puls, einem Lebensanzeichen. Die Haut war noch warm, das Blut frisch und rot.

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#3

RE: Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 17:37
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

Nathaniel stöhnte leise unter der leichten Berührung, ehe er seine Augen aufschlug.
Hatte er es doch nicht geschafft?
Wer war da gekommen?
Mit verschwommenem Blick schaute er in das fremde Gesicht, konnte nicht einmal erkennen, ob es einem Mann oder einer Frau gehörte. Dann bemerkte er die Flügel.
"Also ... gibt es ... euch", wisperte er und verzog die Lippen zu einem schwachen Lächeln. "Wirst du ... mich wegbringen ... über mich richten ...?"
Er schloss die Augen.
"So ... sei es ... ich bin selbst ... verantwortlich ..."
Er spürte, wie Blut warm über seine Brust lief.
"Aber ... bitte ... lass es ... schnell gehen ... ich will nicht länger ... warten ..."
Er kannte seine Strafe nicht.
Er wusste nur, dass die Göttinnen seine Lebensweise verdammten.
Er würde wohl büßen müssen, doch selbst das erschien ihm weniger schlimm als die Qualen des Lebens.






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#4

RE: Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 17:40
von Ragnarök Adliger | 7.002 Beiträge

Mit hochgezogenen Augenbrauen lauschte Arahiel dem schwachsinnigen Gebrabbel des Jungen. Ein Kind, das war der Bursche doch.
"Wovon redest du?! Ich richte über niemanden.", knurrte der gefallene Engel, doch drehte den Verletzten auf den Rücken, musterte die Wunde. Er war kein Heiler und würde sich selbst bestimmt nicht weiter beschmutzen, in dem er die Magie seiner verhassten Tante lernte. Aber das der Kleine Glück gehabt hatte, war selbst ihm klar. Oder Unglück. Der Alkohol hatte ihn wohl wirr und grobmotorisch gemacht. "Das einzige wo ich dich hinbringe, ist zu einem Heiler. So fern zu mir nicht zwischen drinnen verreckst."

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#5

RE: Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 17:43
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

Mit einem Mal trat Angst in Nathaniels Augen.
"Warum?", brachte er hervor, während er vergeblich versuchte, sich von dem Engel zu lösen.
"Ich ... ich kann nicht ... weiterleben ... bitte ..."






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#6

RE: Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 17:47
von Ragnarök Adliger | 7.002 Beiträge

"Ich bin kein Sohn Umbras, dass ich dir dein Leben wegnehme.", zischte Arahiel entnervt und zog den Jungen mit hoch. Außerdem hatte er keine Lust, dass sein Mal sich noch weiter ausbreitete, nur weil er etwas getan hatte, das nicht im Machtbereich seiner ach so treuen Mutter getan hatte. Aber andererseits...egal. "Ich bring dich zum nächsten Heiler und verschwinde dann. Sobald ich weg bin, kannst du machen was du willst, das ist nicht mehr meine Angelegenheit, Sterblicher."

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#7

RE: Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 17:52
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

"Du könntest mich ... auch liegen lassen ..."
Nicht ein Funken Hoffnung schwang in Nathaniels Stimme mit.
Die Welt hasste ihn offenbar so sehr, dass sich nicht einmal die Engel seiner erbarmten.






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#8

RE: Tempelruine, Herbst 515

in Ruinen von Darkriver 22.10.2014 17:57
von Ragnarök Adliger | 7.002 Beiträge

"Könnte ich. Aber ich bin wohl nicht ohne Grund gefallen.", Arahiel packte den Jungen fester, hob ihn vorsichtig hoch. Das fremde Körpergewicht war gerade noch aushaltbar, sonderlich weit würde er damit wohl nicht kommen. Aber weit musste er auch nicht fliegen. Hoffentlich war Lucifer noch in seinem Zimmer...

Arahiel + Nathaniel -> Akademie, Lucifers Zimmer

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