03: Eine Ruhepause
Die Sonne war bereits untergegangen, Finsternis hüllte das Hafenviertel ein wie ein dunkler Mantel, der all die Zerstörung durch Sturm und Flut verschleiern sollte.
Nicht, dass dies möglich gewesen wäre - schließlich konnten auch das spärliche Licht des gerade erst wieder zunehmenden Mondes und weniger Fackeln nicht verbergen, welcher Schaden hier angerichtet worden war.
Es musste die erste wirklich kalte Nacht sein, denn zum ersten Mal wurde Nathaniel bewusst, dass sein Atem zu kleinen, durchscheinenden Wolken wurde, sobald er seinen Mund verließ.
Es störte ihn nicht, er spürte die Kälte kaum.
Er war es gewohnt, in knapperer Aufmachung und an kälteren Abenden auf den Straßen zu stehen, erst kalkulierende, dann lockende Blicke in die Menge werfend.
Auch nun ertappte Nathaniel sich dabei, zu analysieren und abzuwägen, welcher Mann, welche Frau wohl bereit wäre, sich auf ein kleines Abenteuer einzulassen, wer unter ihnen in der Lage wäre, dafür zu in blanken Münzen zu zahlen ... und wer dazu bereit wäre.
Er suchte keine Freier.
Es war einfach eine alte Gewohnheit, die Menschen so zu betrachten, er tat es unbewusst.
Ganz abgesehen davon, dass selbst wenn Nathaniel nicht im Augenblick frei von Geldsorgen gewesen wäre, nachdem er nun schon einen Teil von Lians Juwelen verkauft hatte, war er nicht sicher, ob sein Körper tun würde, was er von ihm wollte.
Er hatte in den vergangenen zwei Tagen, während denen er im Lazarett geholfen hatte, so viel Elend, Schmerz, Kummer, grässliche Wunden und Tod gesehen, dass er es schon als Wunder erachtete, noch nicht geflohen zu sein, um sich in irgendeine dunkle Ecke zu verkriechen, wo er in Ruhe alles vergessen konnte.
Aber er war geblieben.
Den ersten Tag und auch den zweiten, hatte das in dieser alten Lagerhalle errichtete Lazarett nur verlassen, weil diese Heilerin, Amber, ihn dazu genötigt hatte, eine Pause einzulegen, in der er essen und schlafen sollte.
Tatsächlich fühlte Nathaniel sich ausgelaugt und matt, wie er es selbst nach einer Nacht bei einem besonders unersättlichen und fordernden Geldgeber selten getan hatte.
Doch weder an Schlaf, noch an eine Mahlzeit konnte er denken.
Und so stand er lange Zeit einfach dort, in einer dunklen Seitengasse, geschützt von Blicken, und beobachtete das vorbeiziehende Volk.
"Es ist erbärmlich. ", Lians Stimme klang gedämpft durch die ganzen Decken. Irgendwann hatte er angefangen bessere Decken zu kaufen. Das Elend, die Kälte... Alles... "Das alles. "
Der Kristallelf legte den Stapel in die trockenste, sauberste Ecke des Lazaretts, ehe er wieder raus trat. Seine blasse Haut fleckig vor Aufregung, Stress. Er hatte sich derer angenommen, die leichter verletzt waren. Damit die anderen Heiler sich um die ernsten Fälle kümmern konnten. Hin und wieder kratzte Lian über die verheilte Wunde an seinen Lippen. Eine Stelle hatte er unbewusst wieder aufgekratzt.
Nathaniels Blick wurde von der vertrauten, hellhaarigen Gestalt angezogen, sobald diese in sein Sichtfeld trat.
Lian sah mitgenommen aus, kaum besser als die Patienten selbst.
Kaum besser als Nathaniel.
Wäre ich nicht sicher, dass er noch lebt, hätte ich ihn für einen Geist gehalten ...
Doch Nathaniel zögerte, ihm entgegenzukommen, obwohl er es in diesem Moment gern getan hätte.
Es war unwahrscheinlich, dass jemand sie beide erkennen oder sich auch nur dafür interessieren würde, doch er wollte kein Risiko eingehen.
Und das würde er tun, ließe er sich öffentlich mit Lian blicken.
Also blieb Nathaniel in der dunklen, schmutzigen Gasse stehen und suchte den Blick des anderen, nickte dann langsam und deutete neben sich.
Abwesend, versunken in die Erinnerung an Gesichter von Schmerz verzogen, an Blut und Knochen, welche aus Fleisch hervorragten wie fahle Speere, trat Lian heran, schlang die Arme um sich selbst, sein nicht mehr ganz so grünes Gewand, die weiten Ärmel waren stellenweise eingerissen, braun vor getrocknetem Blut. Er räusperte sich mehrmals.
"Das war nur ein Sturm. Nur ein Sturm. ", flüsterte er leise. "Was würde erst passieren wenn es schlimmeres als nur einen Sturm gibt... "
Lian kratzte über seine Hände, das Blut juckte, auch wenn er sich immer wieder mit kaltem Wasser die Hände gereinigt hatte. Inzwischen waren seine schlanken, blassen Finger rot, wund und geschwollen.
"Ich habe vergessen wie es ist wenn man nicht in einem sicheren Zimmer sitzt. Umgeben von Büchern und Theorie."
"So sicher war es wohl doch nicht."
Nathaniel bemühte sich, sorgenfrei zu klingen, er zuckte mit den Schultern und fuhr trocken fort:
"Vielleicht fällt dein halbes Gesicht ab, wenn etwas Schlimmeres passiert."
Bei diesen Worten streckte er die Hand aus und fuhr mit dem Zeigefinger sacht über Lians Lippen, nur dicht an der Wunde vorbei, welche das zerspringende Fenster über seiner Lippe geschlagen hatte.
"Aber vielleicht schaffst du das vorher schon selbst, wenn du weiter so viel daran kratzt."
"Ich kratze nicht! ", erwiderte Lian bissig. Und doch fuhren seine Finger unbewusst über genau jene Narbe. Er erstarrte und riss die Hand fort, sobald er es bemerkte. Verlegen räusperte der Kristallelf sich und strich sich sein Haar aus dem Gesicht. Einige der feinen, langen Strähnen der weißen Haarmasse war dem strengen Zopf entwicht.
"Du würdest mein Gesicht vermissen."
Auf dein Gesicht könnte ich noch am besten verzichten ...
"Vielleicht?"
Lächelnd ließ Nathaniel seine Finger erst über Lians Wange, dann durch dessen lose Haarsträhnen gleiten.
Und danach - als er sich vergewissert hatte, dass niemand in ihre Richtung schaute - hauchte er einen Kuss auf Lians Mund.
Zart und weich fühlte er sich an, nur ein wenig kühl von der Kälte der Nacht.
Gerne hätte Nathaniel sich ein wenig gegen Lian gelehnt, sich einen Moment lang an ihm festgehalten und seinen Geruch eingeatmet, in der Hoffnung, ein wenig Halt und Trost in diesen Zeiten zu finden.
Aber weder der Ort, noch sein Stolz ließen das zu, deshalb löste er sich wieder.
"Bleibst du noch länger hier?"
Nathaniel fuhr sich durchs Haar, spielte mit einer einzelnen Strähne.
"Amber sagte, wenn sie mich vor Sonnenaufgang wiedersieht, fesselt sie mich eigenhändig an die nächstbeste Pritsche und flößt mir einen Schlaftrank ein."
Die Heilerin hatte ein strenges Auge auf ihn gehabt, nachdem sie herausgefunden hatte, dass er beinahe die gesamte vergangene Nacht über mit den Patienten beschäftigt gewesen war und nach nur wenigen Stunden Schlaf wieder damit begonnen hatte, weiter zu arbeiten.
Sie war alles andere als erfreut gewesen und hatte Nathaniel, noch während sie weitere Bandagen gereinigt und eine Salbe hergestellt hatte, eine Standpauke über Verantwortung für sich selbst und deren Bedeutung für Heiler gehalten.
Er hatte daneben gestanden und genickt, denn obwohl er Amber erst seit wenigen Tagen kannte, wusste er, dass er sich mit ihr nicht anlegen wollte.
"Ich mag Fesseln nicht besonders", fuhr der junge Mann seufzend fort, "also werde anderswohin gehen.
Die Nacht kann man mit deutlich schönerem verbringen."
Nathaniel warf Lian bei diesen Worten ein katzenhaftes Lächeln zu.
Er hatte eigentlich kein großes Interesse daran, den Anderen zu einem kleinen Schäferstündchen zu verführen, aber er wollte in dieser Nacht nicht alleine sein, wenn er schlief. Und dies erschien ihm die beste Möglichkeit, das zu erreichen, ohne Lian diesen Wunsch eingestehen zu müssen.
Lian sah den anderen aus glasigen Augen an, er schien einen Moment nach zu denken. Sollte er mitgehen? Es wäre verlockend, selbst wenn er weder die Kraft noch Lust auf eine Liebesnacht hatte.
Dennoch schüttelte er den Kopf.
"Ich kann noch nicht..."
"Warum nicht?"
Nathaniel hob wachsam den Kopf, als er eilig nahende Schritte hörte.
Doch die junge Frau bog in eine andere Straße ein, konnte nicht sehen, wie die beiden Männer dicht bei einander in der Dunkelheit standen.
"Hast du noch etwas Bestimmtes zu erledigen?
Oder willst du einfach arbeiten, bis du gar nichts mehr tun kannst?"
"Letzteres ", flüsterte Lian und sah auf seine Wunden Hände, als könnte er immer noch das Blut an ihnen herab rinnen sehen. Dann jedoch zitterte er und schüttelte den Kopf. "Nein... Ich glaube es ist besser wenn ich auch aufhöre... Für heute... "
"Ja", erwiderte Nathaniel leise. "Ich habe keine Lust darauf, mich auch noch um dich kümmern zu müssen."
Er zog den anderen Mann mit sich durch die Dunkelheit.
Ein leises Plätschern war zu hören, wann immer einer ihrer Füße in eine der vielen Pfützen trat, ansonsten herrschte nahezu unnatürliche Stille.
Das Gasthaus lag gleich in der Nähe und war eines der am wenigsten in Mitleidenschaft gezogenen Gebäude im Hafenviertel. Zurück zur Akademie würde es länger dauern und abgesehen davon, dass Nathaniel nicht sicher war, ob seine Beine bis dorthin durchhalten würden, fürchtete er, dass jemand ihn gemeinsam mit Lian eintreten sehen würde.
"Das weckt Erinnerungen ", murmelte Lian, während er fast blind hinter dem anderen her stolperte. Langsam begann der Kristallelf zu zittern, nicht nur wegen der Kälte.
"Ja, das tut es."
Du sahst genauso mitgenommen aus, wie jetzt ...
Nathaniel dachte nicht oft an den Abend zurück, als er Lian zum ersten Mal bewusst gegenüber getreten war.
In einer Straße, nachdem die Sommersonne bereits gesunken war.
Er hatte Geld gebraucht, Lian Ablenkung.
Und schon damals hatte Nathaniel die Verzweiflung, die Bedürftigkeit des Anderen erkannt.
Erkannt und ausgenutzt, ihn für schwach gehalten und nicht mehr als einen prallen Geldbeutel in ihm gesehen.
Er hätte nie gedacht, dass ausgerechnet dieser Mann es sein würde, bei dem er eines Tages Trost suchen, dem er eines Tages vertrauen würde. Vor dem er sich nicht ekeln würde. Von dem er kein Geld mehr für seine Dienste verlangen würde.
Das alles sprach Nathaniel nicht aus.
Er zog Lian einfach stumm mit sich, schaute sich immer wieder wachsam nach Menschen um, doch da waren Wenige und diese schenkten den beiden Männern kaum Beachtung.
Und so tauchte schließlich die Hintertür des Gasthauses vor ihnen auf.
"Wasser. Ich sollte mich waschen. ", Lian räusperte sich und strich abwesend über seine Ärmel. Das seine Hände von noch mehr waschen vermutlich nur noch wunder werden würden interessierte ihn nicht.
"Ich habe einen kleinen Zuber im Zimmer."
Einen Spalt breit öffnete Nathaniel die Hintertüre und spähte misstrauisch in den Flur.
Erst, als er sicher war, dass niemand im Begriff war, durch eine der inneren Türen zu schreiten, trat er selbst ein.
Wohlige Wärme und mattes Lampenlicht empfingen ihn sogleich wohltuend, legten sich auf seine ausgekühlten, von der Kälte geröteten Wangen. Doch Nathaniel wagte noch nicht, sich zu entspannen, schob Lian etwas ungeduldig vor sich her, als sie die Treppe emporstiegen.
Das weiche Bett war nicht mehr fern ...
Hastig stolperte Lian die Treppe hoch, erwischte nur durch dirigieren von Nathaniel die richtige Tür. Er spürte die schwere, muffige Wärme nach der frischen, scharfen Kälte draußen wie ein unsichtbares Gewicht auf den Schultern, der Brust.
Zitternd wartete der Kristallelf, bis Nathaniel die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Dann, dann hielt ihn nichts mehr, nichts davon ab, den Zuber zu füllen und dann die lange Reihe an goldenen Knöpfen auf zu knöpfen, welche sich von seiner Kehle bis zum Bauch zogen, den grünen Stoff zusammen hielten.
Einige knöpfe fielen wie goldene Tränen zu Boden, klapperte leise. Achtlos stieg Lian aus dem See aus grünen, blutbesudelten Stoff, seine Wunden Hände rissen grob das Haarband raus. Er tauchte in den Zuber ein und tauchte mit dem Kopf unter, als wäre er von oben bis unten mit Blut besudelt.
Mit einem leisen Klicken war der Riegel an der Tür vorgeschoben.
Raschen Schrittes trat Nathaniel sogleich eines nach dem anderen auf die Fenster zu und zog schnell die Vorhänge vor.
Erst dann wagte er, stumm aufzuatmen und langsam seine eigene Kleidung abzulegen, die schlichte Kutte aus ungefärbter Wolle, welche den Heilerschülern zu Eigen war. Ganz ungefärbt war der Stoff jedoch nicht mehr, waren doch nun dunkle Blutflecken darauf zu sehen. Und ein besonders großer hatte sich, wie eine makabre Erinnerung auf dem Brustteil gebildet.
Ein Verletzter hatte sich in Todesangst genau an dieser Stelle festgeklammert.
Er hatte nicht mehr lange gelebt.
Bis auf die Unterwäsche entkleidete Nathaniel sich, ehe er einen Schemel näher zog und sie neben den Zuber abstellte, sich mit dem Rücken zu Lian gewandt, darauf absetzte. Er hätte auch den letzten, verschwitzten Stoff gerne abgenommen, hatte kaum ein dringenderes Bedürfnis, als sich endlich zu waschen.
Doch Nathaniel wollte Lian in diesem Moment seine Ruhe lassen. Und so saß er da, schweigend und starrte auf seine Hand, auf der nun ein bläulich-roter Ring gebildet war, wo das Mädchen ihn gebissen hatte.
Keuchend tauchte Lian auf, wischte sich den feinen Schleier aus weißem Haar aus dem Gesicht. Er zitterte heftig, atmete gierig die Luft ein. Es plätscherte, leicht, zog er doch die Beine eng an, als wolle er sich in sich selbst verkriechen.
"Kann es sein, dass man das Verständnis für Magie verlieren kann, wie das Augenlicht oder das Gehör?"
Nathaniel lachte trocken auf.
"Was denn, du alter und weiser Magier fragst einen bloßen Lehrling wie mich nach solchen Dingen?"
Doch seine Miene wurde rasch wieder ernst, nachdenklich fuhr er mit dem Zeigefinger über den Bissabdruck, ließ lindernd einige blauen Funken hineinwandern.
Für einen richtigen Heilzauber war er zu erschöpft.
"Nicht das Verständnis, solange man nicht senil wird oder auf den Kopf fällt.
Allerdings habe ich gehört, dass die Fähigkeit, nach den Strömen zu greifen, schwinden kann."
Zum ersten Mal drehte Nathaniel seinen Kopf ein wenig in Lians Richtung, betrachtete aus den Augenwinkeln den ihm zugewandten Rücken, über den nasses, helles Haar floss.
Ein schmaler, zerbrechlicher Rücken, überzogen von beinahe durchscheinend blasser Haut.
Zerbrechlich.
Ja, geradezu zerbrechlich wirkte Lian in diesem Moment.
"Ah. ", Lian nickte abwesend. Das war alles. Er wirkte abwesend, war mit Gedanken wo ganz anders. Für einen Moment wirkte es, als könnte jede unachtsame Berührung, selbst jedes zu laute Geräusch seinen Körper zerspringen lassen wie feines Glas.
Wasser plätscherte, einige klare Tropfen fielen über den hölzernen Rand, als der Kristallelf sich abrupt erhob und aus dem Zuber stieg. Während Lian sich abtrocknete und in ein weiches Handtuch hüllte, war sein Blick ein wenig zu starr, zu dumpf.
Stumm erhob Nathaniel sich und hielt die Hände über den Zuber.
Blaues Licht ging von ihnen aus und glitt ins Wasser, reinigte es, bis selbst ein hochgelegener Bergquell kein saubereres Wasser hätte spenden können. Die Wäsche legte der Heilerlehrling säuberlich zu seiner Kutte, ehe er mit einem leisen Seufzen in den Zuber glitt, die Augen schloss und sich der wohligen Wärme hingab.
Einen Moment lang war nichts zu hören als das leise Plätschern winziger Wellen.
Bis Nathaniel erneut das Schweigen brach:
"Hast du mir etwas zu sagen?"
"Was? ", erschrocken sah Lian auf und erstarrte noch in der Bewegung. Nathaniels Stimme hatte ihn aus seinen trüben Gedanken gerissen, wieder auf das hier und jetzt aufmerksam gemacht. "Nein. "
"Ich verstehe."
Nathaniel sank etwas tiefer in die Wanne, rieb sich mit einem Stück Seife kräftig über die helle Haut, als versuche er, ellendicke Schmutzschichten zu entfernen. Er fühlte sich auch, als müsse er das tun, obwohl er wusste, dass es nicht viel gab, was ihn besudeln konnte, hatte er doch schon im Lazarett auf seine Sauberkeit geachtet. Doch wie so oft ließ sich das Gefühl auch nun nicht abschütteln. Und erst recht nicht abwaschen.
Als Nathaniel schließlich die Seife weglegte und seine blaugrünen Augen wieder auf Lian richtete, war sein Blick aufmerksam, forschend. Ihm gefiel diese Abwesenheit nicht, diese Körperhaltung, diese trüben Augen. Es erinnerte ihn zu sehr an sich selbst, an Wunden, die gerade erst begonnen hatten, sich zu schließen.
Leise räusperte Lian sich und ging neben dem Bett in die Hocke, sammelte, noch immer nur in das Handtuch gehüllt, die goldenen Knöpfe auf, welche von seinem Gewand abgefallen waren, setzte sich mit dem besudelten Stoff in der einen, den schimmernden Knöpfen in der anderen auf die Bettkante.
Eine Weile starrte er auf den grünen Stoff, spielte mit einem losen Faden und sah dann auf.
"Ich kann kaum noch heilen."
Nathaniel, der gerade aus der Wanne gestiegen war und nun mit dem Handtuch am Werke war, hielt inne.
Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte.
Würde er seine Fähigkeit verlieren, wäre es das Ende.
Er wäre dazu verdammt, sein Brot damit zu verdienen, anderen Menschen Gefälligkeiten zu erweisen, bis er irgendwann zu alt dazu wäre, selbst die höchst Verzweifelten - selbst Lian - zu bezirzen oder bis es jemandem weniger lästig wäre, ihn einfach zu beseitigen, als das Geld zu zahlen. Nathaniel würde lieber sterben, als diese eine Fähigkeit zu verlieren, für die er ein solches Leben geführt hatte, die ihm eines Tages einen Ausweg daraus bieten könnte.
Aber bei Lian sah es anders aus.
Er war nicht darauf angewiesen, Geld zu verdienen, und selbst wenn er es gewesen wäre, hätte es andere Arbeit für ihn gegeben.
Es gab nur eines, wofür es Lian wichtig sein dürfte ...
Seufzend schlang Nathaniel sich das Handtuch um die Hüfte, schritt auf den anderen Mann zu und ging vor ihm in die Hocke.
Die Ellen legte er auf dessen Knie, während er zu ihm aufschaute und ruhig sagte:
"Es gibt auch andere Wege, den Verletzten zu helfen."
"Ich weiß. ", Lian beugte sich leicht vor, klare Wassertropfen perlten aus seinem langen, weißen Haar. Versickerten in dem Stoff seiner Kleidung. Zaghaft streckte er die Hand aus, strich leicht über Nathaniels Arm und zog die Hand wieder zurück. "Ich kenne noch alternative Heilmethoden. Salben, Kräuter, Verbände. Alles ohne Magie. "
Aber er würde verlieren, was ihn immer stolz machte. Kaum ein Kristallelf beherrschte blaue Magie. Sein Großvater und er selbst waren die einzigen in Anastra gewesen. Lian stieß ein leises Seufzen aus.
Nathaniel bettete den Kopf in Lians Schoß, sodass die Wange auf seinem Oberschenkel ruhte und er sein Gesicht noch aus dem Augenwinkel ausmachen konnte. Die Arme schlang er um seine Hüfte, verschränkte die Hände über seiner Wirbelsäule.
"Aber das reicht dir nicht."
Du bist eben doch ein Prinz.
Was du hast, hat man die geschenkt, und du hältst es für selbstverständlich.
Und wenn du etwas verlierst, bist du unglücklich, selbst wenn es etwas war, das du nicht brauchst.
Woher willst du auch wissen, wie es ist, nichts zu haben?
Vielleicht war es ungerecht, so über Lian zu denken, doch Nathaniel konnte nicht anders, als ein wenig bitter zu sein. Er selbst hatte dafür kämpfen müssen, zu behalten, was seine Mutter ihm hinterlassen hatte, weiter den Weg zu beschreiten, den sie ihm bereitet hatte. Und er hatte für alles einen hohen Preis bezahlt. Vielleicht einen zu hohen.
"Es ist albern, so zu denken. ", murmelte Lian leise, strich sacht über Nathaniels dunkles Haar. Es war beruhigend, auch wenn der Kristallelf sich nur vorstellen konnte, was in Nathaniels Kopf vorging. Vermutlich nichts Nettes. Er lächelte fast, irgendwie war das ermutigend. Amüsant. "Wie schrecklich albern."
"Ja. Ja, das ist es, Lian."
Nathaniel schloss die Augen und ließ für den Moment zu, so berührt zu werden.
Es hatte etwas tröstliches, etwas beruhigendes, wie Lians schlanke, weiße Finger durch seine Haare wanderten.
Wärme, wenigstens für einen Augenblick.
Ein mattes Lächeln formte sich auf Nathaniels Lippen und er hob den Kopf, schaute Lian in die Augen.
"Aber etwas Anderes hätte ich von dir auch nicht erwartet."
In seinen Worten klang kaum Schärfe mit, beinahe weich klangen sie.
Vorsichtig streckte Nathaniel sich und küsste Lians Bauchnabel, ehe er sich wieder in seinen Schoß schmiegte.
"Wenigstens da stimmst du mir zu ", gluckste Lian leise und erzitterte heftig. Er kicherte hell auf, verschluckte den Laut jedoch hastig wieder. Fuhr wieder zärtlich durch das glatte, dunkle Haar. Erwiderte den Blick nun wieder offener, erleichterter.
"Etwas muss es ja geben."
Nathaniel grinste gegen das Handtuch.
"Sonst würdest du noch verzweifeln."
Er hielt weiter an Lian fest, malte mit dem Zeigefinger kleine Kreise auf seinen Rücken.
Langsam machte sich eine gewisse Taubheit in seinen Beinen breit, doch er wollte sich nicht erheben, um sich auf das Bett zu legen, wollte sich nicht lösen.
Noch nicht.
"Ist es nicht unbequem so zu knien? ", fragte Lian leise, doch lächelte weiterhin, liebkoste Nathaniels Haar und zuckte hin und wieder zusammen, wenn die Berührungen an seinem Rücken kitzelten.
"Ein bisschen", murmelte Nathaniel, machte aber keine Anstalten, sich zu erheben.
Stattdessen strich er federleicht über Lians Wirbelsäule, belustigte sich stumm an seinen Reaktionen auf diese Berührungen.
"Ich bin schlimmeres gewohnt."
Und er könnte aufstehen, wenn ihm der Sinn danach stünde.
Niemand zwang ihn, hier zu knien.
Niemand, außer Nathaniel selbst.
"Wenn du meinst ", Lian unterdrückte ein Lachen, bog den ganzen Körper nach links um der kitzelnden Hand zu entgehen.
Nathaniel schaute auf und löste sich nun doch, nur um sich direkt neben Lian aufs Bett fallen zu lassen, ihm ein katzenhaftes Lächeln zu schenken und sein Spiel am Rücken des Anderen fortzusetzen.
Es tat gut, nach all den schrecklichen Tagen einen so unbeschwerten Moment zu genießen.
Einmal nicht an die Zukunft zu denken oder an die Sorgen der Gegenwart.
Es gab einfach zu viele davon.
"Nicht! ", Lian lachte heiser und versuchte sich Nathaniels Hand zu entwinden, ohne von der Bettkante zu fallen. Er lachte und war für den Moment beschwingt, gelöst von Zeit und Raum.
"Warum nicht?"
Grinsend beugte Nathaniel sich über Lian, drückte ihn an den Schultern nieder und nagelte ihn so auf der Matratze fest.
"Es würde dir gefallen."
Das sagten sie auch zu mir ...
Einen Moment lang gefror das Lächeln des jungen Mannes und sein Blick trat in seltsame Ferne, während er sich zwang, die ungebetenen Gedanken beiseite zu schieben. Als sein Gesicht sich wieder entspannte, lockerte sich auch Nathaniels Blick und er ließ von Lian ab.
"Aber es ist deine Entscheidung."
Aus großen, dunkelblauen Augen sah Lian auf, wunderte sich darüber wie er plötzlich auf dem Rücken gelandet war. Er lächelte und neigte leicht den Kopf zur Seite.
"Du weißt schon, dass es nicht allein meine Entscheidung ist?"
"Nein."
Nathaniel beugte sich über Lian und küsste sanft dessen Brust, ehe er seinen Kopf darauf legte.
Deutlich konnte er sein Herz hören, wie es kräftig und regelmäßig gegen Fleisch und Knochen schlug.
Es musste ein altes Herz sein, gemessen zumindest an der Lebensspanne eines gewöhnlichen Menschens. Nathaniel wusste nicht, wie alt Lian tatsächlich war und er wollte nicht fragen. Es war ohnehin müßig. Das Leben des Elfenprinzen würde sein eigenes um ein Vielfaches überdauern, das stand jetzt bereits fest. Er würde für Jahrhunderte, vielleicht gar Jahrtausende der schöne, jugendliche Mann bleiben, der er jetzt war, während Nathaniel langsam verwelken würde.
Und eines Tages würde er ihn fallen lassen, sich jemand jüngeres, hübscheres suchen.
Einen schönen Jüngling vielleicht oder ein anmutiges Mädchen.
Und Nathaniel würde es ihm nicht verübeln können.
Einzig die Frage lauerte in seinem Hinterkopf, ob es vor oder nach seinem Tod geschehen würde.
"Nein, Lian.
Was mit deinem Körper geschieht, ist deine Entscheidung."
"Ich meinte das nicht. ", Lian leckte seine Lippen und fuhr mit warmer Stimme fort, während eine Gänsehaut sich über seinen ganzen Körper zog. "Ich kann über meinen Körper und Leben entscheiden. Aber ich besitze weder das Recht noch die Macht über deines zu entscheiden. "
"Das stimmt.
Die hast du nicht."
Du bist ein Narr, Lian.
Du verstehst nichts.
Nathaniel streckte vorsichtig die Hand aus, bis er Lians seidige Haut darunter fühlte.
Er schaute nicht hin, tastete sich nur empor.
Rippe für Rippe erschloss er den Torso, fand die leichte Unebenheit, seine Brustwarze, strich sanft über das Schlüsselbein, dann über den Adamsapfel, fuhr schließlich die Linie seines Kiefers entlang und ließ seine Hand im Meer aus feinem, erst halbgetrockneten Haar verschwinden.
Mittlerweile kannte er Lians Körper beinahe so gut wie seinen eigenen.
Die zwei Jahre waren nicht ohne Einfluss vergangen.
Gar nichts hast du begriffen.
Nathaniel würde alles tun, um weiter begehrt zu werden, sein Körper war ihm zu nichts zu schade.
Und sein Leben hatte schon längst begonnen, sich nach Lians Wünschen auszurichten.
Und das Schlimmste war, dass Nathaniel es gerne in Kauf nahm.
Denn es bedeutete, weiter von dieser Wärme berührt zu werden, weiter diesen Halt zu haben.
Etwas, das ihn davon abhielt, in einen noch tieferen Abgrund zu stürzen.
Sein ganzer Körper vibrierte förmlich, folgte sehnsüchtig der fremden, bekannten Hand, mit ihren geschickten Fingern, während Lian das Gefühl hatte, in einer gläsernen Wanne voll warmen Wasser zu liegen, angenehm, bekannt und einschläfernd.
Es war ein Gefühl völliger Schwerelosigkeit, er lächelte zart und liebkoste kurz Nathaniels Wange, beugte sich leicht hoch und hauchte einen kurzen Kuss auf dessen Lippen.
Selbst nach zwei Jahren war es für ihn immer noch ein Balanceakt zwischen gerade genug und zu viel. Nathaniel war unberechenbar und dennoch konnte er ihn manchmal lesen.
Die Müdigkeit war gänzlich aus Nathaniels Augen gewichen, sein Blick war nun wach und konzentriert.
Ein Lächeln hatte sich auf seinem Mund geformt, als er sich halb aufrichtete und Lians Gesicht zielstrebig und mit beiden Händen an sein eigenes zog.
Er wusste, wie ein Kuss zu schmecken hatte, wie man ihm Leidenschaft und Feuer verlieh.
Geschmeidig waren die Bewegungen, mit denen Nathaniel sich an Lians Leib rieb, Haut an Haut, an den Lenden nur vom dünnen Stoff der Handtücher getrennt, der nur allzu leicht und allzu schnell beiseite gezogen werden konnte.
"Wa-warte ", Lian drückte leicht gegen Nathaniels Schultern. Er drehte den Kopf fort, brach den Kuss ab und rutschte auf dem Bett nach oben, unter Nathaniel weg, bis der hölzerne Rahmen des Kopfstücks in seine Rippen stieß. "Lassen wir das lieber."
Nathaniel blinzelte und schaute Lian stirnrunzelnd an.
"Geht es dir gut?", fragte er trocken, rollte sich aber gehorsam zur Seite, fort von ihm.
Es wäre eine Lüge gewesen, zu behaupten, besonders eifrig bei der Sache zu sein, selbst für seine eigenen Verhältnisse.
Die Unruhe, die Anstrengung, all die schrecklichen Bilder im Lazarett von Verwundeten und Sterbenden, von Trauernden inner- und außerhalb töteten sämtliche Triebe.
Aber etwas Ablenkung und Trost wäre Nathaniel sich mit Lian hinzugeben nur allzu bereit gewesen.
Und er kannte nur diesen einen Weg, das zu tun.
"Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich bekomme die Bilder nicht aus dem Kopf ", murmelte Lian leise und schüttelte den Kopf. Er lächelte matt und strich kurz über Nathaniels Arm.
"Also denkst du lieber die ganze Nacht darüber nach?"
Leise schnaubte Nathaniel, zog seinen Arm jedoch nicht weg.
"Sie werden nicht verschwinden."
Es gab viele Bilder, die in seinem Kopf spukten und nur wenige, die er gerne dort wusste.
Er hatte oft genug versucht, sie zu vertreiben, doch immer kehrten sie zurück.
Auch diese neuen Bilder, da war Nathaniel sicher.
Er konnte sie verdrängen, sich davon ablenken, doch eines Tages würden sie ihn wieder heimsuchen.
"Ich versuche lieber wieder zu Kräften zu kommen", erwiderte Lian ruhig. Auch wenn ihn die Bilder nicht los ließen, die Müdigkeit nagte mit bleischweren Zähnen an ihm. Er konnte sie in seinen Muskeln spüren, seinem Blut. Sie kroch unter seine Haut und ließ ihn frieren. Mehr als so schon. "Aber bitte, ich schlage dir nichts ab, was du unbedingt willst. "
"Nein ... ich bin auch müde.
Und ich werde dich zu nichts zwingen."
Mit einem Mal fühlte Nathaniel sich wieder, als würde eine unsichtbare Wand sie beide voneinander trennen, als würde ein Fremder neben ihm liegen. Er wollte ihn berühren, doch er wusste weder, wie er das anstellen sollte, noch, ob es ihm zustand.
Also wälzte er sich lieber auf die Seite, kehrte Lian dabei den Rücken, eher dieser auch nur einen Hauch von Unsicherheit in seinen Augen erblicken konnte.
Vielleicht war der Sarkasmus in seinen letzten Worten ein wenig zu viel des Guten. Lian starrte auf Nathaniels Rücken und fühlte sich schuldig. Nur weil er müde war musste er den anderen nicht gleich anfahren. Also ließ der Kristallelf sich langsam auf das Bett nieder, rollte sich auf die Seite. Sacht berührte er Nathaniels Rücken, fühlte angespannte Muskeln.
"Es tut mir leid. "
Schweigend starrte Nathaniel die gegenüberliegende, hölzerne Wand an.
Lians Hand war warm, fühlte sich gut an auf der Haut.
Er überlegte, sie fortzuschlagen.
Er rang mit sich, wollte eine trockene, abweisende Antwort geben. Oder eine sanfte, entschuldigende. Er war selbst nicht sicher.
Also sagte er schließlich heiser:
"Das muss es nicht."
Tief atmete Nathaniel durch, entspannte sich ein kleines Bisschen.
Lian antwortete nicht mit Worten, stattdessen strich er liebkosend über Nathaniels Rücken, sacht. Und nie rutschte seine Hand tiefer als bis zur Mitte der Wirbelsäule. Er legte den Arm nicht um Nathaniels Körper in einer besitzergreifenden Geste. Obwohl er sich gern an ihn geschmiegt hätte.
Nathaniel seufzte stumm.
Leicht wölbte er sich Lians Hand entgegen, die einzige Geste, die einzige stumme Bitte, die er ausdrücken konnte.
Er konnte nicht einfach näher rücken und sich an ihn lehnen, ihn in die Arme schließen.
Und erst recht konnte er nicht danach fragen, ob Lian das für ihn tun würde.
Also blieb Nathaniel nichts, als weiter da zu liegen, die zärtliche Berührung zu genießen und zu hoffen, dass er verstanden werden würde.
Mit einem sanften Lächeln rückte Lian Ein wenig näher, schmiegte sich sacht an Nathaniels Rücken. In der Hoffnung, den jungen Mann nicht falsch verstanden zu haben. Eine Furcht die ihn immer begleitete.
Nur einen kurzen Moment lang zögerte Nathaniel, als er die zarte, vorsichtige Berührung und einen leichten, warmen Atemhauch gegen seine Haut spürte.
Dann drehte er sich ein wenig in Lians Richtung, nicht genug, um ihn anzuschauen, nicht genug, um ihm auch nur sein Profil zu zeigen, aber gerade genug, um ihn zu ermuntern, ihm zu zeigen, dass er sich nicht an der Zuwendung störte.
Langsam hob er seine Hand und tastete nach der des Elfen, strich nur hauchzart darüber und sagte leise:
"Du solltest nicht zu viel darüber nachdenken."
Lian lächelte matt und seufzte leise. Er schmiegte sich enger an Nathaniel. Zu müde war er um wirklich noch zu diskutieren.
"Warum spreche ich eigentlich noch mit dir?", murmelte Nathaniel.
Doch er rückte nicht von Lian ab, bewegte nur kurz seine Hände, um sich von dem lästigen Handtuch zu befreien, die Lampe zu löschen und die Decke über sie beide zu ziehen. Dann schmiegte er sich enger an und schloss die Augen.
Er konnte hören, wie Lians Atem - der einzige Laut im Raum - ruhiger und gleichmäßiger wurde, bis er sicher war, dass er in tiefen Schlaf verfallen war.
Doch Nathaniel wurde selbst nicht erlöst.
Zu viele Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum, denen er tagsüber ausgewichen war und die nun, da er es nicht mehr konnte, da er ihnen hilflos ausgeliefert war, über ihn herfielen wie ein Schwarm stechender Insekten.
Es dauerte nicht lange, bis er sich unruhig auf den Rücken wälzte und an die Decke starrte. Doch vertreiben konnte er die Bilder nicht, die ihn heimsuchten. Bilder dieses Tages, Bilder des vorherigen, der letzten Wochen, Jahre.
All die Toten und Sterbenden, die Verletzten und Trauernden, Blut, Eiter und Tränen, die sich zu einem widerlichen Gemisch zu vereinen schienen, welches alles befleckte. Und Gesichter, die anzuschauen schmerzten. In denen Nathaniel jedes Mal meinte, vertraute Züge zu erkennen.
Die des Mannes, den er hatte sterben lassen, die seiner Mutter.
Und manchmal seine eigenen.
Es plagte ihn mehr, als er erwartet, mehr als er befürchtet hatte.
Ihn, der geglaubt hatte, stark und kontrolliert zu sein, dass alles an ihm vorüberziehen würde, dass nichts ihn berühren könnte.
Anscheinend war er gut darin, sich selbst zu täuschen.
Irgendwann drehte er sich Lian zu, studierte sein ruhendes Gesicht und fragte sich, welche Bilder es waren, die ihn heimsuchten.
Im Schlaf schienen sie ihm fern zu bleiben, denn sein Gesicht war ruhig und friedlich, keine Regung störte es, nicht einmal als Nathaniel eine verirrte, weiße Strähne beiseiteschob.
Leise seufzte der junge Mann und drängte sich etwas näher heran, drückte das Gesicht leicht an die glatte Brust Lians, während er einen Arm um ihn legte und die Augen schloss. Dass der andere bald schon durch sein eigenes Gewicht taub werden würde, kümmerte ihn wenig.
Lians unmittelbare Nähe lenkte ihn nicht ab, vertrieb die Nachtmahren nicht, gab ihm aber sehr wohl ein gewisses Gefühl von Wärme und Geborgenheit.
Das Gefühl, nicht alleine zu sein.
Und das war mehr, als er in den meisten schlaflosen Nächte hatte.
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