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01: Regen über dem Zelt des Wahrsagers

in Sommer 523 08.06.2015 19:49
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

- sexuelle Darstellungen


Stetige Regentropfen auf der Plane seines Zeltes hatte eine beinahe einschläfernde Wirkung, Madeen hatte den Kopf auf die Hand gestützt, döste sacht vor sich hin, nur hin und wieder einen Zug von seiner Pfeife nehmend, blau-silbrig schimmernde Rauchkringel ausstoßend. Durch den sanften, konstanten Regen hielt sich die Schar an Besuchern in Grenzen. Gut, vielleicht auch nicht Gut, egal.
Seine Schulden würde er tilgen. Ja. Das würde er, egal wie und dann würde er in einem richtigen Haus wohnen. Mit Wänden aus Stein und Böden aus edlem Holz. Und einem Dach, das nicht bei jedem Windhauch vibrierte. Dieses Jahr würde der Lord vermutlich nicht kommen, dachte Madeen müde, nicht bei dem Regen.

Das Wetter war Kalas zuwider.
Nicht nur, weil es die Welt in tristes Grau tauchte, müde und trübselig stimmte, sondern auch, weil die Kälte bis unter seine Haut kroch und die Feuchtigkeit der Luft bis in seine Lunge.
Schien die Sommersonne, war Kalas wohlauf und guter Dinge, fühlte sich mitunter wieder wie ein gesunder junger Mann, genoss das Leben. Doch der Regen brachte die Krankheit zurück, die Schwermut. Noch musste er nicht husten und röcheln, noch hatte kein Fieber ihn ereilt, doch er spürte in den Knochen, dass es in wenigen Tagen wieder soweit sein würde. Und alles, was er bis dahin tun konnte, war, sich in Decken zu hüllen, heißen Tee zu trinken und frierend zu hoffen, dass es nur eine schnelle, seichte Phase werden würde.
Doch so sehr der Regen ihm zusetzte, an einer Sache würde er ihn nicht hindern:
Sein Versprechen zu halten, welches er vor drei Jahren gegeben und danach in jedem folgenden erneuert hatte.
Wenn überhaupt wurde er bestärkt, denn wann konnte man sich mehr danach sehnen, leidenschaftlich in den Armen gehalten zu werden, als zu den Zeiten, in denen man von der Kälte beinahe taub wurde?
So kam es, dass Kalas auch in diesem Jahr den Jahrmarkt besuchte, einen Tag, nachdem seine Kinder es getan hatten.
Und selbst Wassertropfen, die sich in seiner Kleidung und im Haar verfangen hatten, beides an seine Haut klebten, konnten nicht verhindern, dass er lächelte, als er Madeens Zelt betrat.

Madeen unterdrückte ein wüstes Fluchen, als mit dem nassen Besucher auch ein Schwall nasskalten Windes in das Innere des Zeltes fegte. Obwohl Sommer war, hatte der Wahrsager sich genötigt gefühlt, sein Kohlebecken anzufeuern, damit die klamme Kälte im Inneren des Zeltes ihn nicht bis auf die Knochen durchtränkte und kränkte.
Das Fluchen wurde ebenso abrupt zu einem breiten, höhnischen Lächeln, wie es gekommen war, Madeen neigte sich grinsend zurück und zog dann an seiner Pfeife, begrüßte Kalas mit einem duftenden Rauchkringel.
"Ah, Lord Dewside. Seid Ihr wieder begierig auf einen Blick in die Zukunft?", höhnte er, lachte auf und legte die Hand auf den Stapel an Karten auf dem niedrigen Tischchen vor ihm, damit sie nicht fort flogen. "Ihr hättet wenigstens schöneres Wetter mitbringen können."

Kalas lächelte sacht.
"Wenn ich die Macht hätte, das Wetter zu beherrschen, hätte ich das wohl getan.
Aber leider entspricht das nicht meinen Fähigkeiten."
Er zog seine Stiefel aus und stellte sie neben den Eingang, um nicht den Schlamm von draußen mit ins Zelt hinein zu tragen, setzte sich dann.
"Und gekommen bin ich, weil ich dir die hier noch schulde."
Er zog eine Münze aus seiner Brusttasche und legte sie vor Madeen ab.

Belohnt wurde diese Aktion mit einem Grinsen, das bestenfalls herabwertend zu deuten war. Der Wahrsager schnaubte und schüttelte den Kopf über Kalas' beinahe schon jugendliche Vorfreude. Ein albernes Spiel, dass sie da spielten, das der Lord mit sich spielen ließ.
"Ist es Euch nicht zu anstrengend jedes Jahr darauf zu warten, dass ein Sklavenhandel in die Stadt kommt?", wie eine feine, scharfe Klinge schwebte der Spott in Madeens Worten mit, seine Augen glitzerten wieder, beinahe boshaft erschien es, als wäre er wild entschlossen in Wunden zu bohren. "Oder genießt Ihr es?"

Kalas hatte mit schnippischen Worten gerechnet, schließlich war er es von Madeen nicht anders gewohnt.
Aber dieser beißende Hohn fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht.
Und davor wich er zurück, sein Lächeln erstarb, das Leuchten, welchem er erlaubt hatte, für einen Augenblick in seine Augen zu treten, erlosch.
"Nein", erwiderte er schlicht, Vorsicht und Wachsamkeit standen in seinen Zügen. "Ich halte nichts von Sklavenhandel."

"Oh, habe ich Euch den Spaß verdorben?", Madeen erhob sich ruckartig, trat um den Tisch herum und stieß mit dem ausgestreckten Zeigefinger gegen Kalas' Brust, untermalte seine Worte jedes Mal mit einem unsanftem Piksen. "Dennoch erscheint Ihr jedes Mal, jedes Jahr erneut hier und auf ein Neues floriert das Geschäft und - Ihr seid krank."
Die Tirade des Wahrsagers, jedes einzelne Wort das in unterschwelligem Zorn und messerscharfem Spott getaucht war, die seinen Akzent dicker und schwerer hervor kommen ließ, verstummte abrupt, er runzelte die Stirn, legte die schlanke Hand auf Kalas' Stirn.
"Narr, warum seid Ihr denn gekommen, wenn Ihr krank seid?!"

Kalas hatte alles wortlos über sich ergehen lassen. Die hämischen Worte, die unsanfte Berührungen.
Hatte er sich nur stumm gefragt, warum er zurückgekommen war. Warum Madeen solche Dinge sagte, warum er ihn verletzen wollte.
Er zog schon in Erwägung, sich umzudrehen, den Wahrsager mit seinem Gift alleine zu lassen, als dieser innehielt, seine Stirn befühlte und zu seinem Schluss kam. Das weckte Kalas aus seiner Benommenheit, stimmte ihn aber keineswegs besser.
"Ich bin nicht krank", erwiderte er und schob Madeens Hand unsanft von sich weg.
Krank fühlte er sich tatsächlich nicht. Jedenfalls nicht sonderlich.
Diese Schwere in den Knochen war das einzig unangenehme, was er spürte, diese gewisse Trägheit, die ihm verkündete, dass er in einigen Tagen oder Wochen wieder bettlägerig sein würde.

"Vielleicht seid Ihr es im Moment nicht, doch zweifelsohne werdet Ihr es in Euren nassen Kleidern", gab Madeen schnippisch zurück und schloss dann die Zeltplane, dass Gesicht blass und nachdenklich. Er hatte gedankenlos getobt und gewütet. Dabei waren Kalas' jährliche Besuche so etwas wie der Höhepunkt seines ganzen Jahres. "Kommt."
Das Kohlebecken im hinteren Teil des Zeltes hielt noch Glut in seinen bronzenen Tiefen, Glut die Madeen mit ein wenig herum stochern schnell zum Erblühen in warme, orangerote Hitze brachte.
"Wärmt Euch zumindest auf. Ihr seid eisig und nass."

Kalas zögerte, doch er gehorchte Madeens Anweisung, folgte ihm hinter den Vorhang und ließ sich am Feuer nieder, streckte die Hände nach den wärmenden Kohlen aus. Er blieb jedoch nicht allein, um sich aufzuwärmen.
Es gab noch etwas anderes.
Ein Wort, über das er schon im vergangenen Jahr gestolpert war, eine Frage, die ihn beschäftigte.
Lange schwieg Kalas, starrte in die Glut, dachte darüber nach, wie er sie stellen sollte.
Dann brach er mit rauer, unendlich müder Stimme das Schweigen
"Warum nennst du dich einen Sklaven?"

Abrupt erstarrte Madeen, hielt inne und sah über die Schulter zurück. Dieses Mal lag kein Hohn in seinen Augen, stattdessen ließ er sich neben Kalas an das Kohlebecken nieder, das Gesicht ihm zugewandt und den Kopf leicht schief gelegt. Nachdenklich wirkte er und für lange Zeit herrschte einzig eine schwere Stille in dem Zelt.
"Ich wurde... Mit fünf oder sechs Jahren von meiner Mutter verkauft. An diesen Jahrmarkt. Es ging mir nie schlecht und man zog mich mit viel Mühe auf. " Madeen stockte und musterte Kalas. "Entweder ich zahle meine Schuld zurück oder man verkauft mich an den am besten bietenden Käufer. Meine eigentliche Schuld wäre schon vor zwei Jahren abgezahlt gewesen. Aber... ich habe weitere gemacht... musste ich."

"Ich verstehe."
Ein bitterer Zug trat auf Kalas’ Mundwinkel. Frei ... frei hatte er Madeen erlebt. Frei von Sorgen und Pflichten. Frei, seinem Herzen zu folgen, die Welt zu sehen.
Und in Wahrheit war er ein Gefangener, genau wie Kalas selbst.
Nur dass es andere Glieder waren, um welche die Ketten lagen.
"Das wusste ich nicht."
Einen weiteren Moment lang schaute er leeren Blickes ins Kohlebecken.
Die Wärme erreichte sein Inneres nicht.
"Behandelst du mich deswegen wie einen minderwertigen Menschen?
Weil ich ein dummer, unwissender Lord bin, der dich niemals verstehen könnte?"

"Vielleicht." Madeen starrte blind in die glühenden Kohlen, erzitterte heftig und schlang die Arme um sich. Brachte eigentlich nicht wirklich viel, er fror immer noch, aber so hatte er zumindest die Illusion, er könne etwas tun. "Warum kommt Ihr immer wieder? Ich befürchtete erst, Ihr wolltet mich kaufen, aber da steckt mehr dahinter, oder?"

"Ich habe nicht vor, dich zu kaufen, Madeen.
Was ich dir letztes Jahr gesagt habe, trifft noch immer zu."
Kalas seufzte schwer und seine grauen Augen wanderten zum ersten Mal, seit er sich gesetzt hatte, wieder zu dem Wahrsager, der sich keinen deut besser zu fühlen schien als er selbst.
"Aber warum ich zurückkomme, weiß ich selbst nicht.
Nur, dass es mit Neugierde begonnen hat."
Aber jedes noch so übermütige Kind zieht die neugierige Hand zurück, wenn die Bienen es stechen.
Jedes Kind ist klüger als ich.


"Ich fühle mich geehrt", schnurrte Madeen mit dem üblichen Spott, jedoch wesentlich sanfteren Tonfall, beugte sich vor und hauchte einen süßen, kurzen Kuss auf die Lippen des Lords, gluckste.

Kalas regte sich nicht, doch er genoss das Gefühl der weichen, dunklen Lippen auf seinen eigenen.
"Das musst du nicht", murmelte er, als Madeen sich wieder löste.
Ein Mann seiner Art, mit diesem Charisma, dieser Anziehungskraft und solcher Furchtlosigkeit konnte jeden haben, den er wollte. Und sicher traf dies auch zu.
Kalas war nicht eifersüchtig oder verbittert deswegen, doch manchmal fragte er sich doch, wie sein Liebesleben aussähe, wenn Gesetze und Verantwortungen ihn nicht daran hindern würden, es auszuleben.

"Ich beneide Euch beinahe." Madeen zupfte leicht an Kalas' Kragen, nicht fest, eher als wollte er nur seine Hände beschäftigen. Seine Augen blitzten auf, er schenkte Kalas erneut eines seiner feinen Lächeln. "Wenn Ihr aus diesem Zelt geht, dann seid Ihr frei. Wenn ich die Grenzen dieses Jahrmarkts verlasse, werde ich von der Last meiner Schulden beinahe erdrückt. "

Kalas warf Madeen einen langen Blick zu, Nachdenklichkeit lag in seinen Augen.
Dann schüttelte er langsam den Kopf und berührte sacht die feingliedrige, braune Hand.
"Du irrst dich", antwortete er sanft, traurig. "Ich bin nicht frei."
Er war es nie gewesen, würde es nie sein.
Und kein Geld der Welt konnte ihn freikaufen.

Wieder lachte Madeen auf, seine Zähne blitzten im Halbdunkel, er schloss die Finger um Kalas' Hand, zog sie heran und hauchte einen neckenden Kuss auf die Handfläche, weicher als seine eigene.
"Führt mich nicht in Versuchung. Ich könnte vielleicht nicht Eurem traurigen Blick widerstehen."

Die Melancholie wich nicht ganz aus Kalas’ Augen, doch der Hauch eines Lächelns, welcher seine Lippen umspielte, war ehrlich. Sein unterschwelliger Zorn war verglüht, die Zweifel hatten sich für den Moment gelegt.
Was blieb war eine Sehnsucht nach Zärtlichkeit, nach Wärme an diesem kalten Sommertag.
"Wer weiß", antwortete er leise, schmunzelte matt. "Vielleicht will ich gar nicht, dass du meinem Blick widerstehst."

"Versprechungen, Versprechungen", säuselte Madeen, dass Lächeln wieder auf den Lippen, während er die Arme um Kalas' Nacken schlang, sich an ihn schmiegte. Seine tausenden, feine Küsse ähnelten den zarten Flügeln von Schmetterlingen, liebkosten geisterhaft Kalas Wangen und Lippen.

Langsam schmolz das Eis dahin, wurde davongespült von Madeens sachten Liebkosungen, verging unter den Berührungen seines Mundes, des warmen Körpers.
"Wahrheiten", flüsterte Kalas und schlang seinerseits die Arme um den anderen Mann. Die hellen Finger ließ er sanft über seine tanzen, das Muster spiegelnd, in dem die Lippen des Wahrsagers wanderten.
Zart, doch auch spielerisch, und so viel mutiger, als noch vor einem Jahr.

"Verlockend." Madeen lehnte sich mehr gegen Kalas und lachte auf. Er legte den Kopf schief und blinzelte zu dem Lord auf, wieder glitzerte sanfter Spott in seinen Augen. "Sehr, sehr verlockend."

"In der Tat."
Ein sachtes Schmunzeln wanderte über Kalas’ Züge, er strich sanft durch das samtige Haar des anderen Mannes, steckte die Finger vorsichtig unter seinen Kragen und, fühlt warme, glatte Haut.
Es war das erste Mal seit langer Zeit - so wurde ihm bewusst - dass er sich begehrt fühlte.
Und je länger Madeen so an ihn geschmiegt da saß, desto weniger wollte er ihm widerstehen.
Also ließ Kalas sie erneut fallen, seine Ängste, seine Hemmungen, und beugte sich vor, küsste den Wahrsager auf eine Weise, die nicht unbedingt Feuer, wohl aber einer gewissen, noch etwas zögerlichen Leidenschaft entsprach.
Er schmeckte fruchtigen Tabak, Exotik, vor allem aber schmeckte er Madeen.

Madeen lachte, griff in Kalas' helles Haar und zog ihn heran, erwiderte den Kuss weitaus leidenschaftlicher als der Lord. Ihn zu stoppen war jetzt unmöglich, zumal er bereits an dessen Kleidung zerrte, mit warmen Händen jedes bisschen Haut gierig erkundete.

Wohlig seufzte Kalas gegen Madeens Mund, begrüßte die offene, hungrige Art und Weise, mit der Wahrsager ihn Stück für Stück an sich riss, mitriss, als wolle er ihn verschlingen.
Keuchend löste er sich, zog sich hastig die Binde vom Hals und öffnete den obersten Knopf seines Hemds, ehe er sich erneut diesen feurigen Küssen widmete, dabei nach der Verschnürung an Madeens Robe tastete. Das einzige, was ihn daran hinderte, noch mehr dieser wunderschönen Haut zu sehen, zu spüren, zu schmecken.
Auch Kalas war hungrig.
Und wie er das war!

Keuchend griff Madeen nach den Verschlüssen seiner Robe, verfluchte es innerlich aufs tausendfache sich immer in diese Kleidung hüllen zu müssen. Die winzigen Haken gaben mit hellem Klirren nach, der Stoff teilte sich, entblößte, was er eigentlich verbergen sollte und gab Madeen die Möglichkeit sich noch enger an Kalas zu pressen.
Knurrend bedeckte er jedes bisschen, blasse, freiliegende Haut mit Küssen und leichten Bissen, lachte, als sich schneeweiße Haut rotfärbte, als Antwort auf seinen Hunger.

Ein heiseres Lachen, das in hektischem Atmen unterging, kam als Belohnung für Madeens Behandlung.
Und während der rau Kalas’ Hals und Schlüsselbein rau und ungehemmt bearbeitete, erkundete der Lord den nun in all seiner Schönheit freiliegenden Körper, der noch ebenso reizvoll war, wie er ihn in Erinnerung hatte. Seine Finger waren überall, erkundeten Muskel für Muskel, Rippe für Rippe, massierten die sehnigen Oberschenkel.
Und kratzten mitunter leicht, als Ausgleich für die Bisse.

"Seid Ihr endlich mutiger geworden, Lord?", raunte Madeen leise, lachte und japste dann auf, bog den Rücken durch und schmiegte sich förmlich in Kalas' Hände, die Augen halbgeschlossen, violett schimmernd. "Hmm~"

"Ich hatte ein Jahr Zeit, mir Mut zuzusprechen", erwiderte Kalas leise und nutzte die Gelegenheit, den Kopf zu senken und seinerseits Madeens schlanken Hals zu küssen.
Er wollte verhindern, eine solche Enttäuschung zu sein, wie er es im Vorjahr gewesen war. Und nun, da seine Scheu etwas zurückgegangen war, sprach nichts dagegen, den anderen Mann auch die Vorzüge von dem genießen zu lassen, was er einst, vor so vielen Jahren gelernt hatte.
Kalas’ linke Hand war stetig Madeens Wirbelsäule gefolgt, ruhte nun zart an seinem Becken, die Rechte strich verspielt über die Innenseite des braunen Schenkels, als er aufblickte von dem dunklen Fleck, den sein Kuss mit sich gebracht hatte,
In die Augen des Wahrsagers schaute er, lächelte.
"Gefällt dir das?"

"Werdet Ihr jetzt die ganze Zeit fragen ob mir das gefällt?", der Hohn in Madeens Stimme wurde beinahe komplett von purer Lust übermalt, er spreizte die Beine mehr, leckte sich die Lippen und schmeckte Kalas. Er gurrte leise, bohrte seine Nägel in weißes, weiches Fleisch, wollte mehr.

"Nein", hauchte Kalas. "Bestimmt nicht."
Ein wenig rutschte er vom Kohlebecken weg, zog Madeen vorsichtig mit sich, gerade weit genug, dass kein Unfall geschehen würde. Die Hitze dieser Wärmestätte wurde ohnehin schon längst von der ihrer Leiber übertrumpft.
Also küsste er Madeen ein letztes Mal, bevor er die Hand in seinen Schoß legte, das starre, fast schon glühend heiße Glied damit umfasste und mit einer langsamen, festen Massage begann. Mit den Lippen aber erkundete Kalas, spielte, lechzte nach den Salz auf der braunen Haut, zog geradezu unverschämt eine Spur von Kussmalen von Hals zu Brust, zu Bauchnabel und von dort aus noch tiefer.

Atem stockte, Madeens Körper bog sich, krümmte sich, tat alles um näher an jene Hände zu gelangen, gleichzeitig aber blitzte der Schalk in Madeens Augen au.
Er strich durch die feinen, blonden Locken, zog an dem seidigen Haar um sein Verlangen nach Lippen auf den eigenen zu stillen.

Kalas spürte das Ziehen an seinen Haaren, fest, fordernd, und gab ihm nach. Wie konnte er auch widerstehen? Er hielt in seinem Spiel inne, hob den Kopf, streckte sich und kroch ein wenig höher, bis er Madeens Gesicht dicht vor seinem eigenen sah, seinen Atem auf der Haut spürte. Dann presste er seinen Mund auf den des Wahrsagers, zog den hungrigen, gierigen, glutvollen Kuss so lange hin, bis er sich lösen musste, um keuchend nach Luft zu schnappen.
Aus Augen, deren Grau beinahe im Schwarz der vor Verlangen geweiteten Pupillen warf er Madeen einen kurzen, verheißungsvollen Blick zu, strich kurz durch sein Haar, ehe er sich wieder an ihm herab bewegte, das Gesicht über seinen Schoß beugte.
Vorsichtig und flüchtig leckte er an dem geschwollenen Fleisch, als kostete er eine ganz besondere Delikatesse, dann küsste er es sanft und schließlich legte er die Lippen darum.

"Oh verdammt!" Hastig hielt Madeen sich die Hand vor den Mund, sein Atem kam schnell, schwer, unregelmäßig, er zog die Beine enger an, spreizte sie. Alles damit Kalas mit seinem heißen, feuchten Mund und seiner quälenden Langsamkeit weiter machen konnte. Während sich sein Körper bog, wand und willig reagierte, krallte Madeen die Finger in Kalas' Haar.

Anscheinend hatte Kalas in all den Jahren nicht so viel verlernt, wie es zu erwarten gewesen wäre.
Jedenfalls ließen Madeens Reaktionen, sein Zittriges Winden, der feste Griff in seinem Haar, das Keuchen hinter vorgehaltener Hand, darauf schließen, dass er noch immer wusste, was er tat.
Das ermutigte Kalas, weiterzumachen, mehr zu tun, als bloß zu küssen und zu lecken. Mal sog er leicht, mal fester, mal setzte er seine Zähne ein. Eng streiften seine Lippen über die hitzige Haut, als er Madeens Glied so tief in seinen Mund aufnahm, wie es möglich war, ohne dass er daran erstickte, die Zunge erst langsam und sanft, dann schneller und fester darüber tanzen ließ.
Er tat alles, woran er denken konnte, was ihm einfiel, um Lust zu bereiten, zu steigern, zum Überquellen zu bringen.

Erneut fluchte Madeen, diesmal in dunkleren, rauen Zungen. Er nahm die Hand vom Mund, strich über seine Kehle, den Blick schwer und getrübt von purer Lust auf Kalas' legend.
"Eure Zunge ist bestimmt mehr als nur das Silber wert, aus dem sie gemacht scheint."

Kalas’ Augen trafen fragend die blauen des Wahrsagers.
Er wusste nicht, was er mit seinen Worten anfangen sollte, also verlangsamte er sein Spiel, entließ Madeens Männlichkeit aus seinem Mund, nahm es jedoch gleich wieder zwischen die Finger, drückte und rieb daran, ließ nicht zu, dass die Lust in irgendeiner Weise abklang.
"Wie meinst du?", fragte er, die Lippen rot, sich in starkem Kontrast zur bleichen Haut abhebend.

Frustriert, dass ausgerechnet jetzt gestoppt wurde stieß Madeen ein dunkles Grollen aus, wand sich sacht.
"Du kannst nicht nur mit Worten gut umgehen", murmelte er irgendwann, zupfte leicht an hellen Locken. "Das meinte ich "

Kalas lächelte sacht.
"Ich verstehe."
Weiter sagte er nichts, beugte sich nur vor, um Madeen wieder seinen Mund spüren zu lassen, seine Zunge, seine Zähne.
Mal zärtlich, mal rau und immer sicherer setzte er sie ein, um den anderen Mann zu reizen, seinen Körper in Wallung zu bringen, ihn keuchen und fluchen zu lassen.
Und Kalas genoss es.
Er genoss Madeens Geschmack, er genoss es, die Hände gleichzeitig wandern zu lassen und an anderen Stellen seines Leibes zu spielen, zu ertasten, wo es ihm besonders gefiel. Er genoss, für einen Moment alles um sich auszublenden, sich einzig der Lust zu weihen, die sonst in einem dunklen Ort eingeschlossen war.

Welche Hemmungen Kalas vorher auch gehabt hatte, Madeen war sich sicher, dass er diese nun abgelegt hatte. Er erzitterte, streckte sich und - kam. So heftig, dass es seinen Leib schüttelte, er aufschrie und die Finger in Kalas' Fleisch bohrte, sich festhalten musste, sonst würde er zerfließen, vergehen. In Feuer und Rauch aufgehen.

Auch Kalas erzitterte leicht, als Madeen zuckend vor Lust unter ihm lag.
Langsam schluckte er, leckte ein letztes Mal sanft über das erschlaffende Fleisch, ehe er den Kopf hob und sich lächelnd über den Oberkörper des Wahrsagers beugte, seinen straffen Bauch küsste.
Er machte sich schon daran, die restlichen Knöpfe seines Hemds zu öffnen, um sich endlich auch das zu holen, was er selbst begehrte, als er innehielt und leise fragte:
"Brauchst du eine Pause?"

"Mit Sicherheit nicht!", knurrte Madeen, packte Kalas am Haar und presste seine Lippen fordernd auf die des anderen. Die Beine schlang er um dessen Hüfte und wiegte sich leicht, presste sich an ihn.

Kalas stockte der Atem, doch sein Herz tat einen Sprung und er ging darauf ein, liebkoste die Zunge des Anderen, stieß leicht mit der Hüfte gegen sein Becken. Und als er sich etwas löste, um sein Hemd und schließlich seine Hose rasch abzustreifen, musste er heiser lachen.
"Du bist die Leidenschaft in Person, Madeen."

"Wäre doch schrecklich wenn ich meinem Namen nicht gerecht würde." Kichernd, die Zähne beinahe aggressiv schon gefletscht, wand Madeen sich, grinste Kalas herausfordernd an. Das dunkle Haar wie einen ins Negativ gekehrten Heiligenschein um das Sonnengeküsste Gesicht mit violett- blau blitzenden Augen ausgebreitet.

"Das stimmt", erwiderte Kalas lächelnd.
Mit einer Hand stützte er sich links von Madeen ab, schwarzes Haar streifte flüchtig weiße Haut, kitzelte sacht, ließ ihn erschauern. Den rechten Arm schlang er um seine Hüfte, hob sie leicht an.
Einen Moment lang musterte er das Gesicht unter sich, so feingeschnitten und ebenmäßig, als hätte ein besonders talentierter Steinhauer es geformt. Dann küsste er Madeen noch einmal, und während er das tat, drückte er langsam den Schritt an sein Gesäß, unterdrückte ein Keuchen, während er gemächlich eindrang.

"Hah~"
Madeen schloss die Augen und bog den Rücken durch, er seufzte, stöhnte auf. Seine Lippen formten sich zu einem genussvollen O. Ein ganzes Jahr, so lange hatte er gewartet, hatte in einsamen Nächten oder an sehr langweiligen Tagen nur die eigenen Hände für würdig genug gefunden, ihn zu berühren, eine blasse Imitation, aber immerhin...

Eine Gänsehaut überzog Kalas Arme, doch er fror nicht.
Im Gegenteil, Hitze durchströmte seinen Körper, legte sich direkt unter die Haut. Lust, hitzig und schwer, etwas, was er viel zu selten nur spürte, viel zu selten derartig auskosten durfte. Eng presste er sich an Madeen, drückte seufzend den Mund gegen seinen Hals, sog gierig daran. Kostete das Gefühl aus, diese schlanken Finger in seinem Haar zu fühlen, den schlanken braunen Körper so dicht an seinem, die heißen, zittrigen Muskeln um sein Geschlecht.
Tief atmete er ein, dann begann er, in unregelmäßigen Abständen tief und fest in Madeen zu stoßen.

Madeen japste auf, wand sich und schlang die Beine fester um Kalas, kam ihm entgegen und belohnte jede Bewegung, jede Berührung mit dunklen, rauen Lauten.

Auch Kalas blieb nicht still, konnte es gar nicht. Und er wollte es auch nicht. Zu berauschend war das alles, zu stark riss das Gefühl, sich endlich wieder mit einem Mann - mit Madeen - zu vereinen, an seinen Eingeweiden, trieb ihn an, ließ ihn brennen, geißelte ihn.
Keuchend und stöhnend lag er auf ihm, ihre Laute mischten sich mit dem Knistern der Kohlen, den Regentropfen, welche von draußen auf das Zelt niederprasselten, und den fernen, geisterhaften Klängen eines Instruments zu einer merkwürdigen und doch unvergleichlich schönen Sinfonie, zu deren Takt sie sich bewegten. Mal zu schnelleren Noten, mal zu langsamen, wechselseitig aufeinander zu und voneinander weg, wie zwei Tänzer und doch verschlungen wie ein Liebespaar.

Die Lust trieb Madeen gnadenlos voran, immer weiter, immer schneller und so voller Hitze, er verbannte, war ein weiteres Mal Feuer und Rauch. Sein Höhepunkt kam, rollte gnadenlos über ihn hinweg und ließ seinen Schrei in sein Gurgeln enden, ähnlich einem Schluchzen.

Aus verschleiertem Blick sah Kalas, wie Madeens Gesicht sich vor Verzückung verzerrte, spürte wie sein Leib sich unter ihm in Ekstase wand, und er wusste, dass es auch für ihn bald soweit sein würde. Japsend legte er den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und presste sich ein paar Mal noch kräftig, hart, beinahe schon grob und aggressiv, an den anderen Mann, bis er seinen eigenen Klimax erreichte. Ungeahnt heftig, lang, intensiv, sodass er den eigenen, heiseren Aufschrei kaum noch hörte.
Langsam verebbten seine Bewegungen, nur mit Mühe konnte er seinen zittrigen Armen befehlen, nicht über Madeen zusammenzubrechen, als er sich vorbeugte, um atemlos die Berührung seiner Lippen zu suchen.

Schlaff regte Madeen sich, legte einen Arm um Kalas und zog ihn zu einem trägen, langsamen Kuss heran, spürte noch immer den Nachhall ihrer beider Lust. Dann jedoch wurde das plattgetretene Gras unter seinem bloßen Rücken zu unangenehm, der Boden zu kalt.
Murrend drückte Madeen sich von Kalas fort, schlang die Arme um sich. Es war noch kälter geworden, der Regen kroch durch jede Ritze in der Zeltplane und hinterließ eine unangenehm feuchtkalte Note in der Luft.

Nur ungerne löste Kalas sich von Madeen, doch er spürte, wie die Kälte und Nässe langsam in seine Lunge krochen und dass weder die Wärme des Kohlebeckens, noch die der eben noch gespürten Leidenschaft ausreichten.
Also sammelte er seine Kleidung auf und zog sie langsam an, knöpfte das Hemd zu, kämmte sich mit den Fingern durch die zerzausten Locken, ehe er sie ordentlich im Nacken zusammenband.
Er sprach kein Wort dabei, sein Blick war nachdenklich.

Müde ließ Madeen sich neben das Kohlebecken auf ein Kissen fallen, seine Robe nur halb geschlossen, noch immer seine Brust und ein Stück seines Bauchs offenbarend. Der Wahrsager bemerkte, dass in dieser Stille - die so abrupt auf ihre eben noch lauten, leidenschaftlichen Geräusche folgte - noch etwas anderes mitschwang.
"Was liegt Euch auf der Zunge, Lord?" Madeen griff träge nach einem Stab, stocherte in dem Kohlebecken herum und sandte neue Funken empor. "Ich kann Euch förmlich denken hören."

"Hm."
Kalas hob den Kopf und schaute Madeen lange an, grübelnd, brütend, ehe er sich mit einem Seufzen ebenfalls setzte, die Hände ausstreckte, um sich zu wärmen.
"Weißt du", sagte er stockend, starrte einen Augenblick lang verloren in die Kohlen, als könne er dort die Worte finden, die er suchte. "Ich habe mir eigentlich vor Jahren abgeschworen, mich je wieder mit einem Mann einzulassen."

"Hat ja gut gehalten, Euer Schwur." Madeen erhob sich, trat zu seiner Kiste, öffnete sie und wühlte sich durch Lage um Lage an Kleidung, Schmuck und anderlei Krimskrams. Mit einer grünen Flasche - schmal am Hals und breit am Bauch - in der Hand tauchte er wieder auf, grinste spöttisch. Würzwein, stand auf einem vergilbten Schild, der Inhalt innerhalb der Flasche nur noch zur Hälfte vorhanden. Mit schlanken Fingern entkorkte er den Wein, ließ sich wieder am Kohlebecken nieder. "Euer Versprechen haltet Ihr zum Glück."

Leise lachte Kalas auf.
Ein freudloser, bitterer, vor allem aber trauriger Klang.
Ja, geschworen hatte er es sich damals. War regelmäßig in den Tempel gegangen, hatte ihnen Opfer dargebracht und gefleht, sie mögen seine Krankheit von ihm nehmen, wenn er sich nur fügte, ein vorbildliches Leben führte, ein guter Mensch war.
Und doch kehrte das Husten immer zurück, stärker, quälender als zuvor.
Kalas wusste nun, dass der Tag, an dem es für immer verschwinden würde, der Tag war, an dem auch er für immer verschwand.
"Und du deins. Schließlich habe ich es bisher nicht bereut."

Alarmiert sah Madeen auf, starrte mit geweiteten Augen zu Kalas.
"Welches Versprechen?", was hatte er versprochen? Im Nachhall von Lust irgendwas gefaselt? "Oh."

Ein sanftes Lächeln trat auf Kalas’ Lippen, er machte eine beschwichtigende Handbewegung ob Madeens beunruhigten Gesichts.
"Das Versprechen, das du mir gegeben hast.
Dass ich nicht bereuen würde, mit dir zu schlafen."
Er verübelte es ihm nicht, dass er es vergessen hatte.
Für ihn waren es sicher nicht mehr gewesen, als ein paar einfache Worte.
Wie hätte er wissen können, was Kalas in diesem Moment aufgegeben hatte? Seine Sicherheit, jeden Glauben daran, dass eine höhere Macht ihn noch retten konnte.
Dass irgendetwas, irgendjemand ihn noch retten konnte.

Madeen sah aus, als würde ihm ein gewaltiger Stein vom Herzen fallen. Er lächelte wieder sein schmales Lächeln und griff nach seiner Flasche.
"Und ich dachte schon, Ihr hättet mich eingelullt." Glucksend nippte er an dem Wein und starrte dann in die glühenden Kohlen. "Oh mei."

"Vielleicht haben wir das gegenseitig getan ..."
Eingelullt? Nein, so hätte Kalas es nicht ausgedrückt.
Er fühlte sich zu Madeen hingezogen, wie seit langem zu niemandem mehr. Er warf sich bereitwillig in seine leidenschaftlichen Arme, kostete seinen bittersüßen Geschmack, nahm als Preis sogar den Spott in Kauf und wollte immer mehr über diesen Mann erfahren.
Doch sein Geist war dabei nie vernebelt, er hatte stets klar gesehen. Stets gewusst, dass ein richtiges Wort in das falsche Ohr seinen Niedergang bedeuten könnte. Er war in der Gewissheit zu Madeen gekommen, eine Dummheit zu begehen.
Er war ein Narr, doch wenigstens wusste er, dass er einer war.
"Was würde geschehen, wenn einer deiner Leute hiervon erfahren würde?"

"Meine Leute? Meinst du meine 'Lehnsherren' oder meine Leidensgenossen?", Madeens Stimme schwang, sirrte unterschwellig vor unterdrückter Wut, die sich ausnahmsweise mal nicht gegen Kalas richtete. Er starrte mit einem Blick in die Kohlen, den man beinahe Hasserfüllt nennen konnte. Seine Mundwinkel hatten sich nach unten gesenkt, die Stirn in Falten geworfen. Oh, er kochte innerlich, spuckte Gift und Galle.

"Ich meine beide."
Bedrückt schaute Kalas sein Gegenüber an, spürte, dass er ein unangenehmes Thema angesprochen hatte. Natürlich war es auch ihm selbst unangenehm, schließlich war es eines der vielen, die ihn nachts wachhielt, Schlaf und Träumen beraubte. Man konnte es schon Gewohnheit nennen.
Aber wenn er etwas nicht wollte, dann war es, auch Madeens Stimmung zu verderben. Was Kalas bisher geplagt hatte, ohne dass er es jemals angesprochen hatte, konnte ihn auch weiterplagen. Er würde es verkraften. Auch ohne, dass er jemand anderen belastete.
Er räusperte sich, schaute zur Seite und fügte hinzu:
"Verzeih. Ich hätte nicht fragen sollen."

"Meine Leidensgenossen wäre es egal." Madeen spuckte in die Kohlen und sah dann auf. "Meine Lehnsherren würden nur sagen ich solle den Wert... meiner Ware nicht zu sehr mindern."

Kalas’ Magen krampfte sich bei diesen Worten zusammen. Er kam sich selbst hochmütig vor, seine eigene Gefangenschaft als ein solches Leid zu empfinden, wenn es doch Madeen war, der stets an einem Ort gehalten wurde, der vielleicht geistige, aber keine materielle Freiheit genoss.
"Ich verstehe", murmelte er.
Er wollte nicht tiefer in der Wunde bohren, doch eine Frage musste er noch stellen:
"Wirst du dich aus eigener Kraft freikaufen können?"

"Und wenn es mich tausend Jahre kosten wird, ich werde mich aus eigener Kraft befreien.", fauchte Madeen aggressiver als je zuvor, die Wut direkt auf die Kohle gerichtet, doch nicht gegen Kalas. Seine Augen hatten einen harten, kalten Blick, mörderisch und fest entschlossen. "Ich bin niemandes Sklave, ich lasse mich nicht binden und bändigen. Selbst wenn es das letzte ist, was ich tue!"

"Ich weiß."
Kalas sprach sanft, hielt den Neid für diese Entschlossenheit, diese Möglichkeit, die sich Madeen in unbestimmter Zukunft bieten würde, ganz aus seiner Stimme.
Er selbst würde nie Freiheit erlangen, egal wie sehr er kämpfte. Und jegliche Hoffnung darauf hatte er bereits lange aufgegeben.
Aber was würde es ihm nutzen, dass Madeen ein Gefangener blieb? Wiedersehen würden sie sich bestimmt nicht, wenn er die Freiheit einmal gespürt hätte, denn warum sollte er zu Kalas zurückkehren wollen, wenn die Welt ihm offen stünde? Aber das würde ihn nicht verletzen. Er rechnete ohnehin damit, dass jedes Jahr sein letztes war, dass er den Wahrsager im Folgenden nicht mehr besuchen würde.
Es wäre egoistisch, sich zu wünschen, dass er Sklave blieb.
"Ich glaube daran, dass du dich befreien wirst.
Auch wenn ich hoffe, dass es nicht das letzte sein wird, was du tust."

"Einen Vorteil hat es aber." Madeens Lächeln ähnelte mehr einem Zähne fletschen, seine Augen blitzten, er sprang auf, packte Kalas an der Kleidung, riss ihn zu sich hinab und flüsterte dann, leise, unterschwellig aggressiv und rau, während ihre Nasenspitzen sich beinahe berührten. "Jedes verdammte Jahr in denen ich diese unsichtbare Schlinge aus Honig und Gold ertragen muss, jedes Jahr gibt es einen verfluchten Lichtblick, etwas das mich davon abhält einfach alles hier in Grund und Boden zu brennen und zu fliehen."

Kalas blinzelte, seine grauen Augen blickten unruhig und weit in Madeens Gesicht. Unsicher fühlte er sich mit einem Mal, zwiegespalten zwischen der Wärme, welche die Worte in ihm auslösten und dem Unbehagens ob der Aggressivität, mit der sie gesprochen worden waren. Fühlte sich unsicher darin, wie er sie auffassen sollte und schuldig, weil er genau wusste, dass dieser Lichtblick in jedem Jahr erlöschen könnte, ohne das Madeen es erfahren würde, ohne dass es zu spät wäre.
"Das freut mich", antwortete er leise, weil ihm keine besseren Worte einfielen, und legte sacht eine Hand auf die des anderen Mannes. "Ich hoffe, dass es dir gelingen wird, frei zu werden, bevor ich zu alt bin, um dich weiter zu besuchen."

Tadelnd mit der Zunge schnalzend ließ Madeen den Lord los, lehnte sich wieder zurück und lächelte spöttisch.
"Ich wird’s überleben. ", sagte er, doch diesmal fehlte der typische unterschwellige Hohn in seinen Worten. "Ich habe bisher alles überlebt."

"Ja", sagte Kalas ruhig und er erwiderte Madeens Lächeln sogar. "Das weiß ich."
Dann wurde sein Blick jedoch ernster und er fügte hinzu:
"Ich hoffe, dass du freier leben wirst als ich."

"Dein... Euer Problem ist die Kette, die Ihr Euch selbst schmiedet, dass Ihr an Eurem Pflichtbewusstsein erstickt und dennoch noch wie ein Ghul weiter torkelt." Zornig stach Madeen in die Überreste der Glut, verzog das Gesicht. "Ich wünschte, ich hätte Euch früher getroffen."

"Du irrst dich", seufzte Kalas. "Ich habe die Ketten nicht selbst geschmiedet. Ich wurde in sie hineingeboren und mit jedem Jahr ist sie enger und schwerer geworden."
Er verstummte, schaute den wütend aufstobenden Funken zu, die glühend unter Madeens Schürhaken aufstoben. Glühend und zornig. Leidenschaftlich und doch machtlos, erstarben sie doch schnell wieder.
"Aber ich wünschte auch, dir früher begegnet zu sein."

"Wie auch immer.", Madeen leerte die Flasche mit einem großen, gierigen Schluck, wischte sich über den Mund und sah Kalas mit einem kalten, abwesenden Blick in die Augen - sah ihn und sah ihn zugleich doch nicht. "Sofern Ihr Euch nicht an Eurer Leine aufknüpfen wollt, solltet Ihr gehen."

Kalas nickte nur stumm.
Er würde eine Ausrede finden, wie er sie jedes Jahr zuvor gefunden hatte, war nie um eine verlegen.
Zwar hatte er oft den Eindruck, dass Oscar etwas vermutete, und das war ihm in höchstem Maße unangenehm - doch wenn er sich in einer Sache sicher war, dann darin, dass sein ehemaliger Lehrer der loyalste Mensch war, dem er jemals hatte begegnen dürfen. Nun, vermutlich gemeinsam mit Efren, dem Haushofmeister.
Aber Kalas spürte, dass er nicht länger willkommen war, dass Madeen Zeit für sich selbst benötigte.
Und er würde nicht versuchen, ihm diese zu rauben.
Schweigend verließ er das Zelt, nahm im Vorbeigehen die goldene Münze vom Tisch. Hielt das kalte Metall noch immer fest zwischen den Fingern, als er hinaus in den strömenden Regen trat.






zuletzt bearbeitet 08.06.2015 19:51 | nach oben springen
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