Elliot + Tharaniel -> Ankunft

Eingangsbereich

Regen, Wind und Gewitter gaben der Szenerie einen noch schaurigeren Anklang, als sie ohnehin schon besaß.
Eisig fühlte sich der Schlüssel in Elliots Händen an, als er ihn in das passende Schloss steckte und das eiserne Tor daraufhin mit einem Quietschen aufschwang.
Sechs Jahre war es nun her, dass hier zuletzt jemand gelebt hatte.
Er selbst war danach nur noch einmal kurz hier gewesen.
Vor zwei Jahren, kurz nach seiner Ankunft in Brightgale.
Elliot verabscheute diesen Ort, aber er hatte einen guten Grund, herzukommen.
Du weißt nicht, wer der Herr dieser Attentäter ist, nicht wahr?

Vorhof

Elliot kniff die Augen leicht zusammen, während er durch das Tor schritt.
Das gefiel ihm nicht.
Das alles gefiel ihm nicht.
Erst diese Frau, dann die Attentäter.
Er wusste nicht, ob er hoffen oder befürchten sollte, hier Antworten zu finden.
We wusste nur, dass er keine wirkliche Wahl hatte.

Vorhof

Elliot warf Tharaniel einen spöttischen Blick zu.
Ein Liebesnest für uns zwei?
Ich vermute, dass dies die Art von Ort ist, die du als romantisch empfindest.
Dann schritt er über den gepflasterten Weg, dessen Ränder schon von wildem Gras überwuchert wurden.
Hauptsächlich aber Antworten.

Vorhof

Elliot blieb aprubt stehen, warf Tharaniel aus schmalen Augen einen Seitenblick zu.
Leo?
Es ist wirklich nicht manierlich, an einen anderen zu denken, solange du mir gehörst.
Er wandte sich dem großen Eichentor zu, welches ihn ins Innere führen würde, drehte den Schlüssel im Schloss um.

Vorhof

Mit Körper und Geist.
Elliot stieß das Tor auf, sah zu, wie es mit einem leisen Knarzen nach innen schwang.
Eines Tages würde er dafür seinen Leib und seine Seele aufgeben.
Aber der Tag war weit weg.
Und Elliot hatte bereits erfahren, wie es war, beides an jemand anderen zu verlieren.
Er fürchtete sich nicht.

Eingangshalle

Es war kalt im Haus, kälter noch als draußen.
Der steinerne Boden hätte genausogut aus Eis bestehen können.
Zumindest war es das, was Elliot spürte, als er langsam auf das Geländer der Treppe zuschritt.
Schon von hier aus konnte er die alten Portraits sehen, fühlte sich angestarrt von den Gesichtern seiner Ahnen.

Ahnengalerie

Die Stufen waren rasch überwunden.
Als Kind war Elliot schließlich oft genug hier entlanggelaufen.
Er kannte alle noch Namen, wusste nicht auf die Schriftzüge blicken, um sie zu den Gesichtern zuzuordnen.
Die Linie begann noch vor der Gründung des Königreichs und Abstammung war das wichtigste, was es im Leben gab.
Und Elliot hatte sich das gut eingeprägt.
Den Schmerz hatte er nicht vergessen, welcher ihn ereilt hatte, wenn es nicht gelungen war.

Ahnengalerie

Vor dem Portrait seiner Mutter blieb Elliot nachdenklich stehen.
Odessa Ashsteel.
Sie war eine schöne Frau gewesen, mit einem feingeschnittenen Gesicht und leicht exotischen Zügen.
Ihr Vater hatte Ahnen in einem fremden Land gehabt und sie selbst hatte nichts als die Vorzüge geerbt.
Glänzendes, pechschwarzes Haar, graue Katzenaugen.
Elliot erinnerte sich noch gut daran, wie diese Augen ihn immer betrachtet hatten, kalt, voller Abscheu und Zweifel.

Ich vermisse es nicht.
Meine Mutter ist tot.
Elliot drehte sich um und schritt weiter.
Dem Antlitz seines Vaters in jungen Jahren, als sein hellbraunes Haar noch nicht von grauen Strähnen durchzogen gewesen war, schenkte er keine Beachtung. Das Lächeln auf dem Bild kannte er gut genug und wie im wirklichen Leben hatte es seine eisigen Augen nie erreicht.
Lediglich vor seiner Tante blieb er noch einmal kurz stehen, ließ den Blick flüchtig über ihr offenes Lächeln, die frohen, blauen Augen gleiten.

Ahnengalerie

Elliot wandte sich ab von dem hübschen Gesicht, von dem schönen blonden Haar, von dieser Frau, die - obwohl jünger - der lichte Zwilling seines Vaters hätte sein können.
Er wusste, dass sie es nicht war.
Weder im wörtlichen, noch im übertragenen Sinne.
Er hatte sie kaum gekannt, doch er wusste genug.
Zu viel, könnte man sagen.

Flur

Die restlichen Portraits hatte Elliot ignoriert.
Sie hatten keine Bedeutung für ihn - nicht einmal sein eigenes, das sein jüngeres Ich zeigte.
Ein anderes Ich, das vor Jahren gestorben war.
Er war nicht mehr der Selbe.
Vor einer Tür blieb Elliot stehen und deutete darauf.
Öffne sie, Tharaniel.
Er trat einen Schritt zur Seite.

Emilys Zimmer

Man merkte sofort, dass dieser Raum schon länger als die restlichen nicht mehr in Benutzung war.
Eine hohe Staubschicht hatte sich auf Boden und Möbel gelegt, einst leuchtende Farben waren nun ermattet, an den Vorhängen hatten Motten gefressen.
Elliot erinnerte sich vage daran, dass Tante Emilys letzter Besuch noch vor Raphaels Geburt gewesen sein musste.
Überraschend war es nicht - womöglich wäre er noch im Mutterleib gestorben, wie all die anderen Kinder auch, wäre sie geblieben. Ihr Zimmer hatte niemand betreten dürfen, nachdem sie in eine andere Familie geheiratet hatte.
Und dennoch war der Staub an Stellen aufgewirbelt, als wäre jemand vor kurzer Zeit noch hier gewesen.
Spuren in Richtung zu der alten, eleganten Kommode, zum Fenster, zum Bett ...
Tharaniel, schau in die Schubladen.
Ich will wissen, ob darin etwas ungewöhnliches ist oder etwas fehlt.
Und natürlich, ob eine Falle angebracht war ...
Elliot selbst schritt zum Fenster.

Emilys Zimmer

Elliots Blick ruhte auf dem Bett.
Die einst weiße Bettwäsche war mittlerweile gräulich, der samtene Vorhang leicht löcherig.
Und trotzdem waren die Laken zerwühlt, als hätte vor kurzer Zeit noch jemand darauf gelegen ...
Als er Tharaniels Stimme hörte, drehte er sich langsam um und nahm den Gegenstand entgegen.
Wurde starr und bleich, als er den Ring in seiner Handfläche betrachtete.