Lucille ...
Dunkelheit umfing ihn.
... Lucille ...
Ein kleiner Lichtpunkt in der Ferne.
Er konnte nicht anders, musste den Finger danach ausstrecken, spürte selbst hier eine sanfte Wärme.
Wie wunderschön, dachte er, ein Lächeln umspielte seine Lippen.
Das Licht kam näher, es war ihm, als würden sich Arme warm und zärtlich um ihn legen.
Und wieder diese sanfte Stimme.
Lucille, mein liebes Kind ...
Mehr und mehr umfingen Licht und Wärme ihn.
Glücklich seufzte er auf, fühlte sich geborgen.
Hier wollte er bleiben und nie wieder gehen ...
Geh!
Zurück in den Abgrund mit dir!
Das Licht wurde gleißend, blendete seine Augen, die Wärme brannte auf seiner Haut, er wurde verschlungen.
Er schrie.

Noch immer schrie Lucille, als er seine Augen aufschlug und sich in strömendem Regen inmitten steinerner Ruinen wiederfand.
Und noch immer schmerzte die Haut seines Rückens ...

Lucilles Schreie verklangen langsam.
Verwundert drehte er sich um, sah die Frau.
Weißes Haar, das Gesicht so wunderschön ...
War sie es?
Wer sollte es sonst sein?
"Warum?", wisperte Lucille verletzt und erhob sich.
Der Regen wusch seine Tränen fort, als er auf die Frau zutaumelte, doch neue flossen nach.
"Warum?", hauchte er mit brüchiger Stimme, als er sich, halb sinkend, halb fallend über sie beugte.
"Warum nur?"
Er wartete keine Antwort ab, legte einfach seine Lippen auf die der Frau, verzweifelt, verwirrt, verlangend.
Tränen traten warm aus seinen Augen, tropften auf seine und ihre Haut.

Lucille spreizte seine schneeweißen Flügel, wölbte sie, umhüllte sich und die Frau damit.
"Nie wieder", murmelte er und schmiegte sich an ihren warmen Leib.
"Bitte tu das nie wieder."
Wieder küsste er sie, störte sich nicht an dem strömenden Regen, welcher sein Haar kleben ließ, die Flügel schwer machte, ihn bis auf die Haut durchnässte.
Nie wieder wollte er dieses Licht, diese Wärme verlieren ...

Verstört schaute Lucille sie an.
"Du bist es nicht", hauchte er und wich etwas zurück.
"Du bist nicht das Licht ..."
Er starrte sie fassungslos an.
"Nur ein Schatten ..."
Er zitterte.
Und dann brach ein leises Lachen aus ihm hervor.
"Nicht das Licht, nur ein Schatten, nicht das Licht ..."
Er wisperte die Worte weiter, klammerte sich an ihnen fest.
Sank dann wieder auf die Frau herab.
"Und trotzdem bist du so warm."

Lucille schaute sie an.
Dann erhob er sich kopfschüttelnd.
Richtig, was sollte das?
Er blickte sich um.
Wo war er hier überhaupt?

"Nicht bei Lumina", antwortete Lucille sehnsüchtig.
Sie musste es gewesen sein, dieses warme Licht.
Er wollte so gerne zu ihr zurück ...
Warum hatte sie ihn nur verstoßen?

"Sie würde dich auch sicher nicht wollen ..."
Nicht einmal ihn hatte sie gewollt.
Müde und orientierungs schritt Lucille durch die zertrümmerte Stadt.
Wie würde er es wieder zu ihr schaffen?

"Warum läufst du mir dann nach?", fragte Lucille.
"Glaubst du, dass die Schwestern sich wieder versöhnt haben?"

"Tu, was du nicht lassen kannst ..."
In der Ferne konnte Lucille Lichter erkennen.
Menschen.
Reflexartig ließ er seine Flügel verschwinden.

Er legte den Kopf schief und schaute sie an.
"Lucille ..."
Dann starrte er wieder in Richtung der Stadt.
Es erinnerte ihn an etwas, doch er wusste nicht, woran.
Vielleicht sollte er dort suchen.

"Ich glaube nicht, dass es hier viel zu holen gibt ..."
Gebannt starrte er in Nyx’ Gesicht.
Er fühlte sich so seltsam angezogen davon - auf eine Art, auf welche man etwas Verbotenes kosten wollte.

"Informationen worüber?"
Lucilles Stimme klang hilflos, verzweifelt.
"Ich sehe nur dich und mich."