#1

12: Klavierstunde

in Sommer 516 04.06.2015 15:41
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

- sexuelle Darstellungen


Elliot spielte.
Seine Blick war konzentriert, die Finger - ein bisschen eingerostet, wie immer, wenn er lange nicht geübt hatte - wanderten über die Tasten des Klaviers, brachten Töne hervor und verwoben sie zu einem Lied.
Zu einer süßen, melancholischen Melodie.
Emilias Melodie.
Emilys Melodie.
Die Melodie, welche seine Tante - seine Mutter - stets gespielt hatte, die er als Kind hatte lernen müssen. Die Melodie des Mädchens, welches ihr aufs Haar glich.
Es konnte kein Zufall sein. Das war einfach nicht möglich.

"Emilia, darf ich dich etwas fragen?"
Sie saß am Fenster, ein Buch mit irgendwelchen dümmlich süßen und schmalzigen Liebesgedichten in der Hand. Sonne fiel von draußen herein und schimmerte in ihrem Haar, ließ die Locken golden erscheinen. Auch ihre Haut wirkte wieder frisch und rosig, sie hatte sich gut von der Krankheit erholt. Ihre Augen schauten fragend zu ihm auf.
"Was gibt es, Mylord?"
"Hast du zwei Muttermale an der Hüfte."
Schweigen.
"Ich muss es wissen, Emilia. Bitte sag es mir."
"Warum willst du das wissen?"
"Weil es mir sagen könnte, wer du bist. Und auch dir."
Wieder lag ein Schweigen in der Luft, doch diesmal glaubte Elliot, sie würde die Frage mit einem Ja beantworten."
Stattdessen schüttelte sie nur den Kopf.
"Nein, Mylord. Ich besitze dort keine Muttermale."
"Wirklich nicht? Soll ich nachschauen?"
Sie erhob sich.
"Das ist unsittlich, Mylord. Und Ihr könnt nichts sehen, was es nicht gibt."
Dann floh sie.


Ein Missklang, ein widerliches, unharmonisches Geräuch, welches den Fluss der wunderschönen Melodie zerbrach.
Elliot zuckte zusammen und erstarrte, erwartete bereits den Schlag mit dem Stock. Jeder Missklang, ein Schlag. Fehler mussten bestraft werden, sonst würden sie niemals ausgemerzt werden.
"Es tut mir leid, Vater, ich ..."
Er unterbrach sein reflexartiges Murmeln von selbst.
Schloss die Augen und atmete tief durch.
Er war kein Kind mehr, sein Vater schon lange nicht mehr da, er hatte dieses Haus nie in seinem Leben auch nur betreten.
Niemand konnte Elliot noch für seine Fehler bestrafen.

"Könnt Ihr mir die Melodie beibringen?" Die Worte klangen leise, zaghaft. Als ob der Sprecher bei der kleinsten Regung, dem winzigsten Anzeichen von Verneinung wieder verschwinden würde. Indivia lehnte am Türrahmen, schlanke Finger klammerten sich an die Verzierungen des Holzes, während er selbst scheu außerhalb des Raumes stand.
Seit... Dem Geschehen war es für Indivia seltsam geworden. Er ertappte sich dabei, mehr als sonst noch die Nähe zum Lord des Hauses zu suchen, stolperte in dessen Gegenwart zu häufig über seine eigenen Worte und... Hatte mörderische Alpträume.
Das leise tappen nackter Füße auf edlem Boden war am Anfang in der Melodie unter gegangen, doch nun war es hörbar.
"Ich... Wollte nicht stören, falls ich das tue dann... Ich kann wieder gehen, wenn Ihr... Soll ich Euch wieder allein lassen?"

Erneut fuhr Elliot zusammen, hatte er die Gestalt im Türrahmen doch gar nicht bemerkt.
Sein Herz raste, er fühlte sich bei etwas ertappt, das niemand hätte sehen sollen, als hätte Indivia einen Teil von ihm gesehen, der nicht für die Augen anderer bestimmt war.
"Du störst nicht, mein Freund", antwortete Elliot, dem Drang widerstehend, sein kleines Goldkehlchen fortzuschicken. Als er sich umdrehte, lächelte er, wie er es immer tat. "Aber warum willst du so eine traurige Melodie lernen?"

"Äh... sie... Ist sehr schön", verlegen Spielte Indivia mit dem Saum seiner Weste, sah zu Boden wie ein gescholtenes Kind. Ihm war nicht entgangen wie der Lord erschrocken zusammen gefahren war. Vermutlich duldete er ihm jetzt gerade nur, weil... Indivia fiel kein Grund ein, weswegen Elliot ihm erlaubte zu bleiben. Hier, in diesem Zimmer.

"Ich verabscheue diese Melodie."
Die Worte kamen unbedacht, harsch, und Elliot bereute sie sofort.
Er seufzte und fuhr etwas sanfter fort:
"Sie wurde vor hundert Jahren von einem liebeskranken Komponisten als Abschiedshymne geschrieben.
Kurz darauf nahm er sich das Leben, wie es Männer seiner Art eben zu tun pflegen."
Gedankenverloren ließ er die Finger über unbestimmte Tasten gleiten, erwirkte ein paar hohe, schnell verstummende Töne.
"Meine Tante hat dieses Lied geliebt und mein Vater brachte mir bei, es zu spielen, um ihr bei ihren Besuchen eine Freude zu bereiten."
Er schmunzelte und erhob sich, schritt zum Fenster und schaute in den Garten, erwartete irgendwie, eine hellhaarige Frau im Schatten des Pavillons zu erblicken. Doch natürlich war da keine, Emilia hatte sich auf seine Bitte hin etwas widerstrebend zu einem Schneider begeben, um ein Kleid für seinen nächsten Ball in zwei Wochen anfertigen zu lassen, auf dem sie einige Stücke am Klavier zum Besten geben und die Menschen mit Karten- und Handlesen zu unterhalten. Außerdem war das Wetter nicht das, was man gemeinhin als schön bezeichnete. Graue Wolken verhangen den Himmel und was auch immer an Farbe blieb, ermattete ebenfalls hinter einem Schleier aus Grau.
"Aber ich hatte nie Talent. Mein Spiel entbehrte immer jeglichen Gefühls und meine Tante enttäuschte das sehr.
Emilia spielt diese Melodie besser als ich."

Beim ersten, harschen Ton, war Indivia zusammen gefahren, hatte sich klein gemacht und erwartete instinktiv einen Schlag, der nie kam. Er biss sich auf die Lippe um ihr zittern zu verbergen
Was hatte er falsch gemacht? Vielleicht war es zu persönlich gewesen?

Langsam drehte Elliot sich um und bemerkte an der zusammengesunkenen Haltung, dem bedrückten Gesichtsausdruck, dass Indivia sich die Worte anscheinend sehr zu Herzen nahm.
Er kennt die Finsternis nicht. Ein Sonnenkind, das vor Bitternis zurückschreckt.
"Entschuldige, manche Erinnerungen versetzen mich in dunkle Stimmung."
Langsam trat er auf den jungen Barden zu, legte den Finger unter sein Kinn und hob den Kopf an, blickte in die weiten, grünen Augen. Lächelte.
"Aber das soll mir gleich sein, wenn jemand wie du mir dafür seine Aufmerksamkeit schenkt."

Einem Moment lang fühlte Indivia sich versucht vor der Berührung zurück zu Schrecken, dann jedoch ließ er sie zu, lehnte sich leicht in sie.
Seine Augen sahen zur Seite, versuchten Elliots Blick zu entgehen, zu verbergen, dass seine Worte ihm sowohl schmeichelten als auch unwohl werden ließen.
"Äh... Gern geschehen?"

Elliots Lächeln wurde breiter und er beugte sich vor, verschloss Indivias Lippen mit einem tiefen, innigen Kuss, während er den zierlichen Körper enger an seinen eigenen zog.
Seine Hände wanderten unruhig durch sein Haar, über seinen Rücken, suchten dort Zerstreuung, Ablenkung von den unwillkommenen Erinnerungen. Und wenn er etwas bei seinem kleinen Goldkehlchen finden konnte, dann das.
Leise lachend löste er sich, streichelte zärtlich über Indivias Wange, tippte dann sacht auf seine Nasenspitze.
"Was hältst du von einem Handel mein Freund", fragte Elliot vergnügt. "Ich bringe dir das Lied bei und im Gegenzug zeigst du mir, wie gut du im Flötenspiel geworden bist."

"Irgendwas sagt mir, dass Ihr nicht meine Panflöte meint", murmelte Indivia leise und hielt sich einen Moment an Elliot fest, als dessen Kuss ihm kurzzeitig das Gleichgewicht raubte, ihn freudig aufgewühlt und mit einem Gefühl der Leichtigkeit.

Rau kicherte Elliot und schüttelte den Kopf.
Er war ein Lehrer, wenn das Goldkehlchen Zweideutigkeiten mittlerweile nicht nur als solche aufnahm, sondern auch selbst vergnügt zwitscherte.
"Nein, deine Panflöte ist ganz sicher nicht gemeint."
Flüchtig küsste er Indivia aufs Neue, warf ihm dann einen fragenden Blick zu.
"Und, was sagst du dazu?"

Für einen kurzen Moment stockte Indivia, sah zur Seite, die Augen trüb vor Gedanken, die er lieber nicht denken sollte. Nicht jetzt. Im wachen Zustand konnten die Alpträume doch nichts anrichten. Dennoch.
Die Erinnerungsfetzen von Haken, Messern und Nägeln in seinem Hals, Überreste seines Alptraums, energisch zur Seite schiebend, schlang Indivia die Arme um den Nacken des Lords, zwitscherte fröhlich.
"Ich sage, dass ich es kaum erwarten kann?"

"Das ist gut", antwortete Elliot heiser. "Das ist sehr, sehr gut."
Er zog Indivia auf seinen Schoß, als er sich erneut auf dem Hocker vor dem Klavier niederließ.
"Ich hoffe, deine Zunge ist so flink wie deine Finger es sind", wisperte er in sein Ohr und biss leicht in seinen Nacken.

"Ah... Finden wir es doch heraus?", flüsterte Indivia leise und streckte sich, lehnte sich an jede Berührung und keuchte au. Dann jedoch kratzte er den letzten Rest an schwindenden Mut zusammen, rollte leise die Hüften gegen Elliots.

"Nur zu gerne", seufzte Elliot und stieß leicht mit der Hüfte vor. "Nur zu gerne."
Und wie! Indivia mochte nicht seinem bevorzugten Geschlecht angehören, doch gerade das machte es so aufregend, so reizvoll. Es hatte den süßen Geschmack des Verbotenen und die frische Würze des Neuen.
Und trotz der vielen Nächte - und Tage - die der junge Barde nun schon sein Liebchen war, hatte er sich noch immer seine reine, unschuldige Ausstrahlung, welche Elliot immer schon als so anziehend empfunden hatte, bewahrt.
Selbst bei schnellen, schmutzigen Zusammenkünften wie diesen.

Geschickt glitt Indivia vom Schoß Elliots, den Kopf leicht schief gelegt und aus großen, grünen Augen aufsehend. Er lächelte süß und sanft, ehe er langsam, Stück für Stück, die Hose des Lords öffnete, entschlossen Taten auf seine Worte folgen zu lassen.

Elliot erwiderte Indivias Lächeln, ließ ihn gewähren, schaute ihm dabei zu, wie er langsam seinen Hosenbund für das notwendige Vorhaben öffnete.
Hätte er einen Monat früher diesen Moment vor seinem geistigen Auge gesehen, so hätte er die Vorstellung als äußerst anziehend, letztendlich aber absurd empfunden. Aber Indivia hatte sich als äußerst neugierig und auch lernfähig herausgestellt. Und talentiert.
Vielleicht lag es daran, dass er als Mann einfach intuitiv besser wusste, was einem anderen Mann gefiel, aber er stellte sich weitaus geschickter an, als so manches Mädchen.
Sanft und versonnen spielte Elliot mit einer langen, dunkelbraunen Haarsträhne, während er wartete.
Indivia war auch hübscher als so manches Mädchen.

Lächelnd küsste Indivia kurz die Hand, die sein Haar liebkoste. Dann jedoch wandte er seine Aufmerksamkeit wesentlich wichtigeren zu, leckte sich unbewusst die Lippen. Es war nicht so, dass er sich ekelte oder nicht wusste was er tun musste...

Eine Gänsehaut legte sich auf Elliots Arme als er sah, mit welchem Blick Indivia ihn bedachte.
Leicht glitten seine Finger weiter durch das seidig weiche Haar, er malte sich schon aus, was diese weichen, zärtlichen Lippen so alles anstellen würden.
Beinahe war er versucht, das Goldkehlchen anzutreiben, es möge sich beeilen und endlich zur Sache kommen, aber damit würde er es wohl nur verschrecken und sich um das Erlebnis bringen.
Also blieb nichts, als mit angehaltenem Atem abzuwarten und schon einmal die Fantasie spielen zu lassen. Vorfreude war schließlich ohnehin die schönste Freude.

Indivia leckte sich erneut die Lippen, ehe er sich vorbeugte und dann begann, was Elliot ihm gelehrt hatte, seine Zunge, seine Lippen und auch kurzzeitig seine Zähne nutzend. Trotz allem jedoch war Indivia furchtbar unsicher.

Elliot öffnete den Mund, ließ die angehaltene Luft langsam und zittrig hindurch entweichen.
Indivia machte seine Sache gut. Er war zögerlich, doch seine zarten Lippen und die warme, feuchte Zunge schickten Schauer über Elliots Rücken, Lustwallungen durch seinen Körper.
Unruhiger wühlte er mit den Fingern in seinen Haaren, stieß ab und zu bestätigende Laute oder Worte aus.
Mehr, wollte er davon, viel mehr.

Je ungeduldiger der Lord wurde, desto größer wurde Indivias Unsicherheit, er gab sich mehr Mühe, ging aufs Ganze als er neben seinem Mund noch seine Finger nutzte.

Elliot legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen. Krallte sich auf der Suche nach Halt, in dem Versuch diese süße Qual zu ertragen, keuchend in Indivias Haar fest.
Seine Worte gingen irgendwann völlig in abgehacktem Atem unter, Lust durchströmte ihn, pulsierte dicker und heißer noch als Blut unter seiner Haut und ließ ihn schließlich unter rauem Stöhnen seinen Höhepunkt erreichen.

Beinahe hätte Inidiva sich verschluckt, gewürgt. Doch dann zwang er sich zu schlucken, sah auf und lächelte ein süßes, kleines Lächeln. Den Kopf gegen Elliots Oberschenkel geschmiegt sah er auf, blinzelte träge.
"Gut genug?"

"Oh ja."
Noch immer etwas atemlos beugte Elliot sich vor und küsste Indivias Stirn, legte die Arme lose um seinen Nacken.
"Das hast du wunderbar gemacht, Diva."

Leise lachte Indivia, legte seinerseits kurz die Arme um Elliots Hüfte und presste sich kurz an ihn, dann jedoch musste er sich von der Umarmung widerwillig befreien, hockte er doch in einer recht unbequemen Pose auf dem Boden.
"Jetzt seid Ihr dran."

"Natürlich, mein Freund", erwiderte Elliot lächelnd und knöpfte sich rasch die Hose wieder zu. "Ich bin ein Mann, der seine Versprechen hält."
Er erhob sich, lief an Indivia vorbei, nicht ohne ihm flüchtig mit dem Finger über die Wange zu streichen, und zog einen zweiten Stuhl ans Klavier heran, bedeutete seinem Goldkehlchen, sich darauf niederzulassen.
Hoffentlich würde der Rausch, der noch immer durch seinen Körper floss, stärker sein, als die bitteren Gefühle, welche er mit diesem Klavierstück verband.
Wen versuche ich, zu täuschen, dachte er, nichts kann stärker sein.
Aber er stand zu seinem Wort.
"Der Anfang", erklärte Elliot mit einer freundlichen Miene, die so gar nicht zu seinen finsteren Gedanken passte, "ist nicht sonderlich schwer.
Man spielt ihn langsam und es sind keine Akkorde nötig."
Er zeigte ihm, was er meinte, verband einige einzelne Tasten zu einer hohen, leicht melancholischen Melodie.

Eine Weile beobachtete Indivia nur, wie Elliot die Finger über die Tasten gleiten ließen, dann versuchte er es selbst, zögerlich aber die richtigen Töne treffend. Hoch konzentriert starrte er auf die Tasten, die Zungenspitze zwischen die Lippen geklemmt.
Langsamer als Elliot entlockte der Barde dem für ihn fremden Instrument die richtigen Töne.

Elliot wiederholte das Intro noch ein paar Mal, ließ Indivia es mehrmals nachspielen, bis er es einigermaßen flüssig und fehlerfrei spielte. Zufrieden nickte der junge Lord und fuhr fort:
"Jetzt wird es etwas schwieriger. Die Melodie wird lauter, aufbrausender."
Er spielte dem Barden die Akkorde vor, einmal im normalen Tempo, einmal langsamer, damit er sehen konnte, wie er die Finger zu halten hatte.
Dieser Teil war der erste gewesen, der ihm vor so vielen Jahren Schwierigkeiten bereitet hatte. Der erste, der ihm eine Kostprobe väterlicher Hiebe gegeben hatte. Es war nicht der schlimmste Teil gewesen, er hatte schnell genug gelernt, um nicht zerbrochen zu werden.

Indivia runzelte die Stirn, folgte den Bewegungen von Elliots Fingern erst mit den Augen, dann spiegelte er sie in der Luft und dann auf den Tasten. Einige Male stolperte der Barde über einen Ton, fing erneut an, verflocht die entlockten Töne wie einen Teppich aus bunt schillernden Farben. Immer wieder, bis Indivia letztendlich mit Elliots Geschwindigkeit mithalten konnte, doch weiterhin hochkonzentriert auf die Tasten und seine Finger starren musste.

Indivia spielte besser.
Er spielte so viel besser als Elliot.
Sicher, ihm fehlte die Übung, das Wissen darum, welchen Druck man nun auf die Tasten ausüben musste, damit sie so gehorchten, wie es sich für sie gehörte. Doch was er spielte klang flüssiger, melodischer und vor allem richtiger, als Elliots erste, klägliche Versuche.
Er beschloss, fortzufahren, wollte diese Lernstunde mit einem Mal einfach nur beenden. Er spielte weiter, schnelle und langsame Noten, dunkle und helle Töne, Akkorde und einzelne Noten wechselten einander nun rasch ab und während Elliots Finger weiter über schwarze und weiße Tasten tanzten, spürte er wiede den Wunden Rücken, die altbekannte Furcht vor Fehlern und ihren Konsequenzen. Winzige Schweißperlen traten auf seine Stirn, sein Leib war angespannt und all seine Konzentration lag auf dem Stück.

Was das erste war, dass Indivia zeigte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte, wusste er nicht mehr. Nur dass es so war, dass die Musik sofort stoppen musste, sofort.
Er ergriff Elliots Handgelenke, schlang die Arme um den Lord und versteckte das Gesicht an dessen Schulterbeuge, Hauptsache die Musik stoppte, Hauptsache ...
"Hört auf...bitte.", wisperte Indivia leise gegen die kalte Haut, so kalt und angespannt. "Es tut mir leid."

Die plötzliche Berührung brachte Elliot aus dem Takt, aus dem Gleichgewicht. Ein hässlicher, falscher Ton, als nahezu gleichzeitig Tasten berührt worden, die einfach nicht zusammengehörten, gefolgt von einer Totenstille. Jegliche Farbe, die noch dort gewesen war, wich nun aus Elliots Gesicht, er hielt den Atem an, doch all seine Selbstkontrolle konnte nicht verhindern, dass er zu zittern begann, die Sekunden zählte, bis ein lauter Knall diese Stille zerbrechen, seinen Rücken in Flammen ausbrechen lassen würde. Erst als dies nicht geschah, wandte er leicht den Kopf, bemerkte Indivia, realisierte, was dieser gerade gesagt hatte und dass sie beiden alleine waren.
Und doch saß der Spuk weiter in seinen Knochen, ließ ihn beben und die Erkenntnis vertrieb weder die Blässe, noch die Leere aus seinen Zügen.
"Das muss es nicht", antwortete Elliot heiser und mit einer nahezu ungewollten Ehrlichkeit. "Es ist meine Schuld, nicht deine."

Indivia spürte das Beben des anderen und wusste nicht, was er tun sollte, also tat er, was im immer geholfen hatte. Er lockerte die Umarmung leicht, doch löste sie nicht, sah durch lange Wimper und wirres Haar auf, auf jedes Zeichen achtend, dass ihm sagen könnte, dass er entweder das Ziel erreicht hatte oder sich zum Teufel scheren sollte.

Elliot wusste, dass er sich später dafür schämen würde, tat es auch jetzt schon ein wenig, doch er wusste sich nicht anders zu helfen, brauchte etwas, woran er sich festklammern konnte. Und das war in diesem Fall eben Indivia, um den er seine Arme legte, in dessen Hemd er seine Finger krallte, an dessen Schlüsselbein er sein Gesicht presste.
Seine Seele wollte weinen, doch seine Augen blieben trocken, er hatte lange nicht mehr geweint, sich einst geschworen, es nicht mehr zu tun und nun konnte er es auch nicht mehr. Wahrscheinlich war das gut so, denn sein Stolz hätte es nicht verkraftet.
So saß er einen Moment da, holte Luft, brachte sich selbst ein wenig zur Ruhe, kratzte die Kraft zusammen, die er brauchte, um schließlich aufzusehen, sein Goldkehlchen schmal anzulächeln und mit heiserer, rauer Stimme zu sagen:
"Es tut mir leid. Ich bin ein miserabler Lehrer."
Seine Stimme klang heiser, rau.

"Seid Ihr nicht." Indivias Stimme klang erstickt, dann doch drückte er dem Lord einen scheuen Kuss auf die Wange, blinzelte heftig und schnell. Das Lächeln des anderen strahlend erwidernd, legte Indivia wieder den Kopf schief.

Elliot schüttelte den Kopf, nahm sanft, wenngleich noch etwas zittrig, Indivias Hände in seine, spürte noch ein leichtes Prickeln, eine Wärme auf seiner Wange.
"Du musst für mich nicht lügen, Diva. Wenn ich schöne Lügen hören wollte, würde ich einfach das Gespräch mit meinesgleichen suchen und mehr als genug bekommen."
Der übliche Zynismus, der charakteristische Spott kehrte bei diesen Worten langsam in seine Stimme zurück. Ein gutes Zeichen.
Völlig ernsthaft jedoch fuhr Elliot fort:
"Falls du es trotzdem weiter lernen möchtest - stört es dich, wenn ich dir das Finale ein anderes Mal beibringe?"

Das Lächeln Indivias wurde eine Spur...schmutziger.
"Ich sagte nicht was Ihr lehrt. Nur das Ihr es gut könnt", erwiderte der Barde süß und grinste breit, ehe er wieder zurück in seinen unschuldigen Normalzustand. "Natürlich!"

"Heh."
Ausnahmsweise war Elliots Lachen herzhaft, echt.
Er kniff leicht in Divas Wange, zu sanft als dass es hätte schmerzen können.
"Wer hätte gedacht, dass du jemals so frivol sein könntest? Und scharfzüngig?"

"Ich...lerne von dem Besten...", flüsterte Indivia leise, lächelte unsicher und fasste sich an die Wange. Er lauschte gerne Elliots Lachen, nahm dafür jeden Spott entgegen. "Was bedeutet Frivol?"

Elliots Lippen verzogen sich zu einem anzüglichen Lächeln.
"Schlüpfrig, mein Freund", antwortete er und zuckte mit den Brauen. "Anrüchig."
Es war schön, zu sehen, dass Indivia wohl doch noch nicht alles wusste.
So musste er sich nicht sorgen, dass er ihn nichts mehr lehren konnte.

"Ah... ", und wieder wurden Indivias dunkle Wangen noch dunkler, schimmerten als sich das Blut unter ihnen sammelte und er vor Scham rot wurde.

Sanft fuhr Elliot mit dem Finger über Indivias Wange.
"Vor unserer Klavierstunde warst du aber mutiger", raunte er mit breiter werdendem Lächeln.
"Und weniger schüchtern."

Indivia wurde immer roter und wand sich nun nicht nur innerlich. Er versuchte zu lächeln, doch es zeigte nur wie sehr er sich wand.

Leise lachte Elliot und schlang die Arme um ihn, strich sanft über den schmalen Rücken.
Seine Hände zitterten nicht mehr, die Geister der Vergangenheit waren nicht gebannt, aber wenigstens wieder unter der Oberfläche verschwunden, wo sie fern von fremden Blicken ihr Unwesen trieben. So wie Elliot es gewohnt war, so wie er es kannte.
Zärtlich küsste er Indivias Mund und fügte hinzu:
"Aber ich beklage mich nicht. Mut und Scheu machen dich gleichermaßen reizvoll, mein Freund."

"Äh... Danke? ", wisperte Indivia mit unsicherer, hoher Stimme zurück, sah aus großen, grünen Augen voller Unsicherheit auf.

Es war eine alles andere als freundliche Geste, auf Indivias Unsicherheiten aufmerksam zu machen, doch es erschien Elliot als die beste Möglichkeit, von seinen eigenen abzulenken. Schon immer hatte es gegolten, diese hässlichen Dinge vor anderen Menschen zu verbergen, sie waren zu abstoßend, um sie jemandem zu zeigen. Besonders Indivia nicht. Die innere Finsternis des Lords würde ihn erschrecken, verjagen, das Goldkehlchen würde davonflattern, und das wollte Elliot nicht. Es wäre eine Schande, einen der wenigen Menschen, der ihn nicht schon nach wenigen Tagen langweilte, auf diese Weise zu verlieren.
"Macht es dir Angst, dass ich dich begehre, Diva?"

"Nein.“, die Antwort kam prompt und war ehrlich gemeint. Indivia sah nachdenklich aus, legte den Kopf leicht schief. "Vor Euch habe ich keine Angst... Ich vertraue Euch."

"Das ist gut."
Sacht legte Elliot eine Hand an Indivias Wange, streichelte die glatte, braune Haut auf eine so liebevoll anmutende Weise, dass es ihm beinahe leidtat, damit mehr zu versprechen, als er halten konnte.
"Du kannst mir vertrauen. Ich will dich nicht verletzen."
Gewissermaßen entsprach das sogar der Wahrheit, doch er konnte schlecht die Einschränkung hinzufügen:
Aber ich werde es tun, wenn ich muss.

Dummes Vögelchen.
Indivia lächelte, ehe er sich erhob und außerhalb von Elliots Reichweite trat. Sein Lächeln war so strahlend und treuherzig, dass es vermutlich auch ein Herz aus Stein hätte schmelzen können.
Vorausgesetzt man hat ein Herz.

Um deine Meinung hat niemand gebeten, Tharaniel.
Elliot erwiderte das Lächeln des jungen Barden, schritt dann an ihm vorbei, auf die Tür zu.
"Ich bin durstig, mein Freund.
Und ich glaube, wir haben noch eine Flasche von diesem süßen Wein ..."






zuletzt bearbeitet 04.06.2015 16:26 | nach oben springen
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