#1

11: Brightgale bei Nacht

in Sommer 516 07.09.2015 12:16
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

- sexuelle Darstellungen


Es war eine laue Sommernacht, in der keine Wolke den Himmel verhängte und das Licht des vollen Mondes daran hinderte, auf Dächer und Straßen zu fallen, die weißen Steine Brightgales noch heller und reiner erstrahlen zu lassen, als sie es sonst schon waren.
Die Stunde war spät, keine Taverne hatte ihre Pforten noch geöffnet, kein Mensch lief mehr durch die Straßen, bis auf Diebe vielleicht, welche den Schutz der Finsternis nutzten, und gelegentlich die Stadtwachen auf der Suche nach ihnen.
Doch dies war nicht die Stunde der Wächter und auch nicht der Diebe, nicht jener zumindest, die Silberbesteck und alte Schmuckstücke zu rauben suchten. Nein, es war die Stunde weit dunklerer Kreaturen, die Gold und feinen Stoffe keine Beachtung schenkten, die an all diesen Dingen kein Interesse hegten, deren Gier auf gänzlich anderes gerichtet waren.
Es war die Stunde der Vampire, die mit weißen Fängen die Hälse Unglücklicher aufritzten, um ihr Blut bis auf den letzten Tropfen zu trinken, Krankheit und Wahnsinn in Körper und Geist zu pflanzen.
Es war die Stunde der Schattentänzer, auf der Suche verirrter Seelen, die sie sich zu Eigen machen konnten, um sich daran zu laben, sie für immer in die Verdammnis zu stoßen.
Es war die Stunde der Inkuben, die sich im Schlaf zwischen zarte Mädchenschenkel schoben, ihnen Träume aus sinnlichem Glück bereiteten, während sie das Leben aus ihren wehrlosen Körpern sogen.
Nur eine leichte Brise wehte zu dieser Stunde, doch es genügte, um die hellen Vorhänge des Fensters gespenstisch Flattern zu lassen, ein Schattenspiel auf das Innere des holzverkleideten Raums zu werfen. Kein ordnungsliebender Geist bewohnte das Zimmer, denn Bücher lagen verstreut und offen auf sämtlichen Ablageflächen verteilt, auf dem Schreibtisch herrschte ein heilloses Chaos an begonnenen Zeichnungen, auf dem Boden lagen mehrere zerknüllte Papierblätter, welche offenbar den übervollen Mülleimer verfehlt hatten, und im Kamin sammelte sich neben den Resten schwarzer, Wochen alter Asche auch heller, feiner Staub.
Still wäre es in diesem Zimmer gewesen, hätte es nicht diese leisen Laute gegeben, welche auf dem Bett ihren Ursprung nahmen und die Luft schwängerten. Das heimliche Rascheln von Stofflagen, das gedämpfte Knarzen des Bettgestells, ein unmerkbar schneller gehender Herzschlag.
Lächelnd betrachtete Arie das schlafende Gesicht des Mannes, über dem sie hockte, unter dessen Haut sie das Leben pulsieren spüren konnte, für welches sie gekommen war, von dem sie trinken wollte. Nicht alles, nur so viele Tropfen, wie sie brauchte, um ihren Hunger zu stillen, so viel weniger als nötig war, damit ihre Gier erlosch.
Und sie konnte sehen, dass ihr Opfer, mochte es auch unwissend sein und sie nicht sehen, sich daran keineswegs stören würde. Im Gegenteil, eine Gänsehaut legte sich auf seinen Leib, als ihre weichen Lippen seine Brust streiften, sein Atem ging schneller, als ihre braunen Hände über seine helle Haut wanderten und ein heiseres Stöhnen entwich seinen Lippen, als sie die wohlgerundeten Schenkel spreizte und sich auf ihn sinken ließ.
Genüsslich schloss Arie die Augen, spürte, wie seine Lebenskraft begann, auf sie überzuspringen.
"Komm her, Morinth."
Ihre Stimme klang sanft und leise, doch das leichte Beben, welches Vorfreude und Verlangen in ihr auslösten, konnte sie nicht unterdrücken.

Aus dem Dunkel des Zimmers schob sich, tropfen für tropfen - dem Tau auf den Blättern einer wilden Blüte nicht unähnlich - die bleiche Gestalt des gerufenen, leichte Schritte, tanzend, übermütig.
In den großen, schwarzen Augen glänzten Hunger und Neugierde, kindlich und grausam, während eine raue Zunge bereits über rissige Lippen leckte. Das bodenlose Schwarz unmenschlicher Augen verschwand hinter einem dichten, langen Fächer weinroter Wimpern, flackerte nur noch gieriger auf, als Morinth die schlanken Hände ausstreckte, scharfe, lange Krallen strichen über die Wangen, ruhten kurz an der Halsschlagader des Schlafenden.
Erneut leckte der rothaarige, gehörnte Morinth sich die Lippen, seine langen, elfenähnlichen Ohren zuckten kurz, dann jedoch beugte er sich herab, sein langes, welliges Haar fiel wie ein Vorhang vor, verdeckte was er tat. Ein Vorhang, zwischen dessen weinroten Locken wilder Wein wucherte, Blätter gediehen. Der Erl legte seine Lippen sanft auf die des anderen Mannes, schmeckte dessen Atem auf der Zunge und kicherte dunkel, ehe in einem süßen, stetigen Fluss die ersten, köstlichen Emotionen auf ihn übersprangen.
Warmer Sommerregen, glitzernd, kostbar. Freude.
Scharfes, blitzendes Metall, heiß vom Feuer der Schmiede. Entschlossenheit.
Honigsüßes Gift, betörend, schwer. Lust.
Morinth sog gierig auf, mischte schwer und leicht zu einem atemberaubend aufregenden Cocktail an Macht.

Arie legte den Kopf in den Nacken und leckte sich die Lippen, seufzte heiser, während sie damit begann, ihren Leib rhythmisch gegen den zu bewegen, der so hilflos unter ihr lag. Sie spürte, wie seine Glieder unter ihr zuckten, hörte seine Laute gedämpft gegen Morinths Lippen prallen. Und als sie die Augen wieder aufschlug, konnte sie im Gesicht des Erls sehen, dass die Lust welche sie ihrem Opfer schenkte, auch ihn gefangen nahm.
Mit einer letzten, kraftvollen Bewegung ihres Beckens drückte Arie sich schließlich an den Mann, fühlte, wie Lebenskraft durch all ihre Adern strömte, als er in ihr kam.
Satt, trunken beinahe glitt sie von ihm herunter, zog Morinth sanft mit sich.
"Das genügt."
Der Mann lag nun still, ermattet in den Laken, seine Haut wirkte ein wenig weißer. Aber sein Atem ging noch.
Keiner der heimlichen Besucher hatte zu viel getrunken.

Morinth jammerte und quengelte, sein Hunger war nicht mal ansatzweise gesättigt, bohrte immer noch wie ein glühend heißes Schwert im seinen Gedärmen.
Dennoch ließ er sich wie ein schmollendes Kind mit ziehen.
"Er hätte noch, ich könnte noch... Nur ein paar Tropfen?"

"Das ist nur Appetit", erwiderte Arie bestimmt. "Du musst lernen, das von Hunger zu unterscheiden."
Mit raschen, geschickten Bewegungen zupfte sie ihre Kleidung wieder zurecht.
Dann deutete sie wieder in die Richtung ihres Opfers.
"Siehst du, wie er dort liegt?
Er ist ausgelaugt, fühlt kaum etwas.
Was immer du von ihm trinken kannst, wird dir nicht so gut schmecken, wie das, was du schon hattest.
Es ist besser, in Maßen zu genießen."
Arie lächelte und legte sanft eine Hand auf Moriths Schulter.
"Du wirst das auch noch lernen und dich daran zu gewöhnen."
Es war schwer, das wusste sie.
Sie mochte keine Gefühle, sondern nur Lebensenergie trinken, doch sie stellte sich vor, dass das Verlangen danach ein ähnliches war. Und genau wie sie selbst sich davor in Acht nehmen musste, die Körper ihrer Opfer als schwächliche Wracks zurückzulassen, musste Morinth lernen, sie nicht in leere Hüllen zu verwandeln.
Sonst würden sie nichts sein, als die Monster, für die so viele Menschen sie hielten.

Der Erl jammerte noch eine kurze Weile, dann jedoch zuckte er mit den Schultern und rollte sein Haar zu einem dicken, von Ranken geschmückten Zopf zusammen, stopfte ihn unter seine Kapuze. Weit war sie, verbarg die Hörner und die wilden Weinranken.
Murrend leckte Morinth sich wieder die Lippen und sah sich um, nun außerhalb aus dem Haus, sah die blanken Steinwände der Häuser, die leeren Straßen.
"Noch eins, ich will noch ein Mahl", hauchte der Erl dumpf. Er klang süß und unschuldig, doch sein Unterton war unverändert hungrig, dunkel. "So viele."

Arie seufzte und fuhr sich durch das dunkle, schulterlange Haar, ehe sie dem Erlen folgte, vorsichtig aus dem Fenster kletterte, aufs Vordach sprang und sich schließlich auf die Straße herabgleiten ließ.
Sie hatte sich selbst so sehr zusammengenommen in den Wochen vor ihrer Ankunft in der Stadt. Hatte es tun müssen, schließlich gab es in den Ländereien rings herum einfach weniger Auswahl an geeigneter Beute.
Doch wenn sie nun nachgab, würde Morinth vielleicht das Falsche lernen.
Andererseits ...
Wir leben in einer Stadt, in einer sehr großen noch dazu.
Es gibt mehr Menschen hier als wir jemals aussuchen könnten.

"Nun gut.
Eins noch, aber mehr nicht."
Aries Blick wanderte gen Himmel, untersuchte die Position des Mondes.
"Danach werden wir nach Hause gehen, bevor die Nacht zu Ende ist."

"Wenig zeit, Mitternacht schon überschritten, also schnelle Beute ", murmelte Morinth leise, beinahe brabbelnd. Er kratzte sich mit scharfen Krallen am Kinn, musterte sein verschmiertes Blut verdutzt. Leise schabend, dann wären die Krallen eingezogen, wirkten harmlos und stumpf.

Arie nickte sacht und schaute in alle Richtungen Ausschau, ob es nicht noch ein Fenster gab, welches offen stand und niedrig genug lag, um als Eingang verwendet zu werden. Am besten eines, das nicht zur Hauptstraße zeigte. Die Stadtwache schickte regelmäßig Patrouillen über diese und je weniger potentielle Zuschauer es auch aus anderen Häusern gab, desto besser ...
Ein plötzlicher, scharfer Geruch lenkte sie von ihrer Suche ab, ihr Kopf fuhr ruckartig herum, in Morinths Richtung. Mit schmalen Augen betrachtete sie den Erlen, entspannte sich aber, sobald sie sah, dass er nur oberflächlich verletzt war.
Trotzdem trat Arie nah an ihn heran, zückte ein Taschentuch und drückte es sanft gegen sein Kinn.
"Sei vorsichtig mit deinen Krallen."

"Nebenstraßen, offenes Fenster oder Hintertüren." Abwesend huschte Morinth in eine der Nebenstraßen, an Hauswänden und dunklen Fenstern vorbei, das Taschentuch nur leicht gegen sein Kinn gepresst. Neben dem gelegentlichen Zirpen der Insekten und dem fernen Mauzen streunender Straßenkatzen war das leise Klatschen der leichten Schuhsohlen das einzige Geräusch.
Es verhallte, als der Erl eine nur angelehnte Tür fand, sofort hinein glitt. Eine Küche, einfach und mit niedergebranntem Feuer, verkrusteten Töpfen. Weiter, den Gang und die Treppe hinauf, in das Schlafzimmer. Schlürfender Atem, leises Rascheln.
Morinth schnurrte begeistert auf, strich den Holzperlenvorhang zur Seite und ging neben dem niedrigen Bett in die Knie. Seine bleichen Finger versanken förmlich in den üppigen, honigfarbenen Locken der Frau, sie war älter, das Gesicht und der Körper schon gezeichnet vom Leben und Kinder bekommen, aber nichts destotrotz schien sie selbst im Schlafe vor Leben, Freude zu vibrieren.

"Du sollst nicht so schnell alleine vorrennen."
Aries Stimme, kaum mehr als ein dumpfes Flüstern, klang um ein Vielfaches tiefer, rauer als zuvor.
Auch der Körper, welcher den Worten ins Schlafzimmer folgte, war ein anderer. Die sanften Rundungen waren scharfen Kanten, weiches Fleisch harten Muskeln gewichen. Das Haupthaar des Incubus war wesentlich kürzer, dafür spross am Kinn ein kurzer Bart.
Lediglich die Haut war noch vom selben Goldbraun, Augen und Haar noch ebenso dunkel.
Zielstrebig bewegte er sich auf das Bett zu und betrachtete die Frau, welche so friedlich darauf gebettet lag.
Nicht mehr ganz jung war sie, wesentlich älter jedenfalls als der junge Schmied. Doch sie schien Gesund und noch voll jugendlicher Kraft zu sein. Ein geeignetes Opfer, das am nächsten Tag wohl müder sein, sonst aber kaum etwas spüren würde.

"Süß. Mild. Freude. Prickelnd auf der Zunge, leicht im Bauch", flüsterte Morinth, leckte sich wieder die rissigen Lippen. Seine Krallen schlitzten die Laken auf, seine Hände hielten sich an dem Bett fest, während der Erl bereits seinen Mund auf den der Frau gelegt hatte, mit gierigen, großen Schlucken von ihrer Freude trank, immer mehr, mehr. Der stetige Strom an prickelnder, berauschender Emotion versiegte zu einem Rinnsal, zu wenigen Tropfen.

Es war wohl gut gewesen, dass Arie gewartet hatte.
Morinth war viel gieriger und so viel schneller, als er erwartet hätte.
Hätte er sich selbst in einem Rausch aus Lust und Völlerei befunden, hätte er womöglich nicht den Moment abpassen können, da das Lächeln auf den Lippen der Schlafenden völlig erstarb und jegliche Freude einer müden Ausdruckslosigkeit wich.
So gelang es ihm gerade noch, Morinth von ihr fortzuziehen.
"Das reicht!"
Arie brüllte nicht, hob die Stimme kaum an.
Das war auch nicht nötig, denn die strenge Schärfe, welche darin lag, sprach eine weitaus deutlichere Sprache.

Der Kontakt brach, Morinth rebellierte, fletschte die Zähne und zischte wie eine Katze - der man auf den Schwanz getreten war. Der Erl hatte die Lippen zurück gezogen, zeigte seine Zähne und seine spitzen Krallen, versuchte sich aus dem Griff zu entwinden. Sein Hunger stand sichtlich in das bleiche Gesicht geschrieben, die schwarzen Augen wie bodenlose Löcher, direkt in einen schwarzen, öligen Ozean aus Hunger und Gier.

"Halt still und komm mit!", zischte Arie leise in eines der bleichen, spitzen Ohren.
Er hielt den Erlen fest im Griff seiner starken Arme, zog ihn mit sich, deutlich darum bemüht, keinen Lärm zu verursachen.
Die Frau würde wohl kaum wach werden, doch er sorgte sich um andere Menschen.
Und klar war, dass er Morinth schnellstmöglich fortbringen musste- in diesem Zustand war er unberechenbar und eine Gefahr für jeden Sterblichen.

Irgendwann sickerte die Tatsache, dass Morinth sich trotz allem nicht mehr befreien konnte, durch. Er zischte nochmal dunkel, dann jedoch ließ er sich mitziehen, hinaus auf die Straße, fort von dem Haus. Aber nicht außerhalb von Aries festem Griff.
"Arie?" Leise, vorsichtig sah der Erl hoch, leckte sich nervös die Lippen. "Arie? Bist du wütend?"

Arie blieb abrupt stehen.
Seine Augen schielten kurz in zwei Richtungen, doch es schien nicht, als sei irgendjemand in der Nähe oder im Begriff, sich ihnen zu nähern.
Also ließ er Morinth los, atmete langsam aus und entspannte sich ein wenig, ohne jedoch die Wachsamkeit abzulegen.
Erst dann schaute er den Erl wieder direkt an, blickte in die schwarzen Tiefen, die seine Augen darstellten.
"Ja", erwiderte er ehrlich. "Das hat mich wütend gemacht."

Wieder leckte der Erl sich über die Lippen, verlagerte nervös sein Gewicht von einem Bein auf das andere, die Hände nestelten am Saum seines Oberteils und blickte durch rote Wimpern auf.
"Es...tut mir leid?" Seine Stimme klang unsicher, Morinth beobachtete unsicher, nervös. "Verzeih mir bitte..."

Einen Augenblick lang schaute Arie sein Gegenüber noch streng und prüfend an, dann nickte er langsam und erwiderte ruhig:
"Gut, ich verzeihe dir.
Aber ..."
Er legte dem Erlen die Hand auf die Schulter und sah ihm ernst ins Gesicht.
"Du musst mir dafür versprechen, in Zukunft auf mich zu hören."

"Ist gut", stimmte der Erl zu, während sein Blick bereits wieder vergnügt umherstreifte, sein Körper vom fremden Glück trunken war. Morinths Kehle summte ein altes, fremdartiges Lied, dumpf und morbid fröhlich. "Und jetzt? Gehen wir nach Hause?"

"Das sollten wir."
Mildes Bedauern schwang in Aries Stimme mit, denn mochte sein Hunger auch gestillt sein, so war es sein Appetit nicht. Solange Morinth aber noch nicht gelernt hatte, die eigene Gier im Zaum zu halten, würde der Incubus sich wohl Mäßigung üben müssen. Er hatte genug Leid verursacht. Er konnte nicht verantworten, dass es mehr wurde, weil er sich von seinen Trieben zu sehr ablenken ließ, um es zu verhindern.
Er hatte die Ewigkeit, da lohnte es nicht, für den Moment zu leben.
"Ich muss mich morgen auf die Suche nach Arbeit machen."

"Warum?" Große, schwarze Augen sahen überrascht zu dem Incubus auf. Morinth spielte mit einer der langen Ranken, strich über das üppige Blatt und kaute auf seiner Unterlippe. "Brauchst du das?"

"Ja, das brauche ich", seufzte Arie. "In der Stadt muss man nie hungern, aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich hier bin.
Ich möchte länger bleiben und einigen Dingen nachgehen, für die ich Geld brauchen werde."
Er lächelte.
"Aber es gibt sehr schöne Arbeiten, denen man nachgehen kann.
Und ich hoffe, eine zu finden."

Morinth blieb außergewöhnlich lange still, für einen Erlen zumindest. Er spielte immer noch mit den Ranken in seinem Haar, die Augen halb geschlossen. Hätte er Augen wie ein Mensch oder ein normaler Elf gehabt, so hätte man seinen wild hin und her huschenden Blick wahrnehmen können anstatt nur solide, nass glänzende Schwärze.
"Dann bin ich ja allein... ", murmelte der Erl und sah dann plötzlich zu Arie auf, lächelte. "Ist gut "

"Du musst keine Angst haben", antwortete Arie sanft und hakte sich vorsichtig bei Morinth ein.
"Ich werde dich nie länger als ein paar Stunden alleine lassen.
Und wenn du in der Zwischenzeit brav bist, bringe ich dir auch etwas Schönes mit."
Schließlich tauchte endlich das Haus vor ihnen auf, welches Arie von der alten Mabelle geerbt hatte.
Es war nicht groß, war zwischen zwei andere gedrängt, doch es hatte immer schon eine einladende Wirkung auf den Incubus gehabt. Zweistöckig, zu dieser Stunde in Blau- und Grautöne getaucht, kamen am Tage erst die roten Backsteine und die gelblackierten Fensterläden zur Geltung. Unter den Simsen waren Blumentöpfe angebracht, es würde nur noch wenige Stunden dauern, bis dort eine bunte Blütenpracht erstrahlen würde.
Mabelle hatte Blumen immer geliebt und eine junge Nachbarin hatte sich nach dem Tod der Witwe bis Aries Ankunft um diese gekümmert, das Andenken erhalten. Und dafür war er unglaublich dankbar.
"Klingt das gut?", fragte er, während er sich von Morinth löste und den Schlüssel hervorkramte.

"Hm?" Morinth sah verwirrt, verträumt auf, er hatte nicht mehr zu gehört seit die gelbem Blumen im Sicht gekommen waren. Pflanzen, Blumen, alles was hübsch war lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich, meist ließ der Erl erst ab, wenn seine Kleinigkeit verdorrt oder kaputt war. Wie ein Kind, das mit seinem liebsten Spielzeug spielte, bis es unwiederbringlich zerfiel.

Nachdem er die Tür aufgestoßen hatte, strich Arie tadelnd über Morinths Haar.
"Hast du etwa so viel Glück getrunken, dass du es nicht mehr nötig hast, mir zuzuhören, mein Lieber?"
Aber sein Blick war warm, seine Augen glitten freundlich erst über den Erlen, dann über die Blumen und wieder zurück.
"Wenn du möchtest, kann ich nächste Woche zu einem Floristen gehen und schauen, ob ich ein paar hübsche Pflanzen finde, die wir uns in die Stube stellen können. Wie wäre das?"
Behutsam, aber gleichermaßen bestimmt zog er Morinth noch während er sprach mit sich ins Haus.

Begeistert nickte der Erl, kicherte und streifte seine Kapuze ab.
"So viel Glück und Freude und Trauer und Zorn!", giggelte Morinth hell, drehte sich wie im wilden Tanz auf der Ferse. "Und Liebe und Hass. Und Rache."

Arie hob eine Braue.
"Wirklich?", bemerkte er trocken. "Ich habe gehört, dass einem übel wird, wenn man zu viel durcheinander trinkt."
Er bückte sich und begann, seine Stiefel aufzuschnüren. Er hatte es immer schon bevorzugt, barfuß zu laufen, war jedes Mal froh das Schuhwerk ablegen zu können.

"Es ist herrlich." Lachend wirbelte der Erl um die eigene Achse, blieb dann jedoch mit einem Mal stocksteif stehen. Morinth sah mit großen Augen zum Fenster. Sein Blick war in die Ferne gerichtet, blind und nichts sehend. "Ich hab Bauchschmerzen..."

Leise stöhnte Arie und fasste sich flüchtig an die Stirn.
"Was habe ich gesagt?"
Vorsichtig schob er den Erlen vor sich her in die Küche, drückte ihn dort in einen Stuhl.
"Du musst wirklich schnell lernen, dich zu mäßigen."
Er stellte ein Glas Wasser vor Morinth ab.
"Soll ich dir eine Wärmflasche machen?"

"Ja", murmelte der Erl leise, zog die langen Beine an und umklammerte sein Wasserglas mit bleichen, schlanken Fingern. Seine Krallen kratzten leicht über das Glas, zogen feine Schlieren. Allerdings spielte er auch eher mit dem Wasser, als das er es trank. "Aber es hat gut getan..."

"Ich weiß", antwortete Arie ruhig, während er Morinth den Rücken kehrte und Wasser in einen Kessel, den er sogleich auf den Herd stellte.
"Aber zu viel Gutes wandelt sich nun einmal in Schlechtes um.
Dann fügst du Anderen Leid zu ... oder bekommst Bauchschmerzen.
Deswegen musst du lernen, wann es genug ist."
Er trat zu einem der Küchenschränke und kramte darin herum, fand zwischen Teekannen, Blumenvasen und Bechern dann schließlich die Zinnflasche, noch in den dazugehörigen Stoffbezug, wahrscheinlich einst von Mabelle selbst gehäkelt, gehüllt.

"Wenn ich dich mit nach Hause nehme, werden sie bestimmt ein Fest dir zu ehren geben", sagte Morinth fröhlich, nippte an dem Wasser und verzog das Gesicht, stellte das noch volle Glas auf den Tisch neben sich. Es schmeckte schrecklich bitter von dem Metall der Rohre. "Es wird bestimmt lustig."

Schweigend wartete Arie darauf, dass das Wasser endlich zu kochen begann.
"Ich glaube nicht, dass ich willkommen wäre", antwortete er schließlich leise, seine Worte gingen fast im Zischen des Kessels unter. Vorsichtig füllte er die Wärmflasche, prüfte ob es auch mit dem Stoffbezug nicht zu heiß wäre und reichte den Gegenstand dann an Morinth weiter.

Morinth quietschte begeistert und drückte den warmen Gegenstand an seinen Bauch. Er lachte, kicherte und brabbelte sinnlos vor sich hin.
"Warm! Wie sonnenküsse und Sommerliebe!!"

"Ich bezweifle, dass du jemals Sonnenküsse oder Sommerliebe kennengelernt hast", seufzte Arie. "Doch es freut mich, dass du es magst."
Sacht, liebevoll beinahe, strich er über Morinths Kopf.
"Aber komm gar nicht erst auf die Idee, dich von jetzt an immer zu überfressen, damit du eine Wärmflasche bekommst."

"Warum?" Morinth sah durch rote Wimpernfächer auf, die Augen zwei Tropfen Öl ähnlicher als wirklichen Seelenspiegeln. Er runzelte die Stirn und leckte sich wieder die Lippen. Ein nervöser Tick, etwas, das er verinnerlicht hatte.

"Weil es immer noch nicht gut ist, zu viel zu essen."
Mit dem Zeigefinger tippte Arie Morinths Nase an.
"Und weil du mich auch einfach nach einer Wärmflasche fragen kannst, wenn du eine haben möchtest."
Zwinkernd setzte er sich neben ihn an den Tisch.
"Die Stadt hat vielleicht an manchen Dingen zu wenig, aber Wasser gehört nicht dazu."

Leise nieste Morinth als seine Nase angetippt wurde, rümpfte und rieb jene, so dass er den kleinen Bewohnern seines Heimatswaldes mehr denn je ähnelte. Und das, obwohl Erlen eigentlich den Pflanzen entstammen.
"Also... " Mit gerunzelter Stirn versuchte der Erl nun zusammen zu fassen. "Nicht zu viel essen... aber die Wärme gibt es immer? "

"Wärme kannst du haben, so viel und so oft du willst", bestätigte Arie lächelnd. "Damit tust du weder Anderen, noch dir selbst weh. Es ist etwas, was ich dir nicht verweigern kann oder will."
Nein, nicht die Wärme.
Er erinnerte sich daran, wie es war, in einer Winternacht barfuß über kalten Stein zu laufen, bis alle Zehen und Finger taub waren, wie es sich anfühlte, alleine und ungeliebt, von der Welt verstoßen zu sein, weder die Wärme eines Ofens, noch die einer Umarmung zu spüren, nach der man sich unentwegt sehnte.
Es war ein Gefühl, welches er niemandem wünschte.

Morinth nickte abwesend und hatte die Wärmflasche bereits wieder vergessen, er leckte sich die Lippen, sah Aries Mund an, den Kopf schief gelegt. Schenkte dem Incubus ein seltsames Lächeln.
"In Ordnung."

"Gut."
Arie leerte das Wasserglas, welches Morinth nach dem ersten Schluck nicht mehr angerührt hatte und erhob sich dann.
"Gibt es noch etwas?
Sonst werde ich mich jetzt ins Bett legen."

"Nein", quietschte Morinth vergnügt, war aufgesprungen, die Wärmflasche in der Hand. Mit wehendem Haar war der Erl aus der Küche geschossen, geräuschvoll in der Stube auf Hände und Knie nieder gegangen. man konnte hören, wie er mit hoher, honigsüßer stimme brabbelte, zu leicht konnte man ihn für verrückt halten. Wie er so vor dem Mauseloch kauerte und kichernd versuchte das winzige Tier mit Worten hervor zu locken.

"Und stell keinen Unsinn an, während ich schlafe", rief Arie dem Erl noch nach, war jedoch nicht überzeugt, ob er gehört wurde.
Vielleicht sollte ich auch damit aufhören, ihn wie eine Glucke Schritt auf Tritt zu behüten, dachte er kopfschüttelnd. Morinth hatte einige Vorurteile bestätigt, die Arie diesen fremdartigen Walddämonen gegenüber gehegt hatte, doch er hatte auch einige Einstellungen verändert.
Ein Kind, neugierig und unschuldig, hungrig zwar nach Sterblichen, doch waren nicht alle Dämonen das letztlich auf ihre Weise?
Morinth war noch unverdorben, formbar, er konnte noch lernen, dessen war Arie sicher.
Und deshalb würde er alles daran setzen, sein Wissen an Morinth weiterzugeben, zu verhindern, dass er zu einem hungrigen Monster verkümmerte.
Aber erst würde er schlafen.
Gähnend trat Arie in das Schlafzimmer, ließ sich in die weichen Laken sinken, zwischen denen er vor so vielen Jahren mit Mabelle gelegen hatte. Ihr Duft haftete nicht länger daran, doch ihm war, als sei ein Teil von ihr noch immer da.
Und das genügte, um Arie in einen sanften, ruhigen Schlaf fallen zu lassen.

Die Maus wollte nicht kommen, die stille des Hauses drückte schwer auf ihm und alles in allem war Morinth todlangweilig. Er war nicht müde, er wollte lieber noch weiter durch die Straßen strolchen, Spaß mit den Sterblichen haben.
Während er achtlos mit den spitzen Krallen wirre Muster in den weichen Holzboden ritzte, grübelte der Erl nach. Die Sterblichen waren wirklich unterhaltsam, in ihrem stetigen streben nach mehr, immer mehr, bis sie daran erstickten, dennoch noch immer nach mehr verlangten. Selbst die tiefsten Abgründe noch das heißeste Feuer waren genug um sie auszumerzen, krochen sie doch wie Insekten aus stetig neuen Tunneln, Höhlen und Löchern.






zuletzt bearbeitet 07.09.2015 19:08 | nach oben springen
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#2

RE: 11: Brightgale bei Nacht

in Sommer 516 07.09.2015 12:31
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

Nach einem recht kurzen, nicht sonderlich erholsamen Schlaf erwachte Arie in den frühen Morgenstunden.
Er wusste bereits, wohin er gehen würde, und die Stunden, in denen das Sonnenlicht langsam über den Horizont kletterte, waren nun einmal am besten dafür geeignet. Des Nachts war die gute Frau zu sehr beschäftigt und sie verabscheute es, wenn man tagsüber ihre Ruhe störte.
Doch kurz nach Sonnenaufgang, da wache sie normalerweise noch ein wenig, war satt und friedlich, schon ein bisschen müde. Es war die Zeit, zu der Arie sie auch früher stets aufgesucht hatte.






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#3

RE: 11: Brightgale bei Nacht

in Sommer 516 07.09.2015 12:31
von Glacies Citris Herzog | 15.151 Beiträge

"Lass dich anschauen, Vögelchen."
Freundliche Worte, die da von den Lippen der blassen Schönheit drangen, doch Arie wusste es besser, als sich davon einlullen zu lassen. Selene mochte in diesem Moment friedfertig sein und harmlos aussehen, anziehend mit den dunklen Locken, die sich so sehr von der hellen Haut und dem tiefroten Kleid abhoben. So saß sie da, auf der Kante ihres Himmelbetts in ihrer Kammer frei von Tageslicht, nur durch teure Lampen erhellt, und lächelte ihren Gast an.
Gehorsam trat Arie einen Schritt näher, wieder in der Gestalt eines Succubus, mit üppigen, weiblichen Rundungen, welche sich unter Hemd und Hose abzeichneten.
Die Vampirfürstin lächelte und streckte die Hand aus, fuhr mit kühlen Fingern über die Wange der Frau.
"Du hast an nichts verloren", bemerkte sie trügerisch sanft. "Und jetzt willst du hübsches Vögelchen in meiner Stadt nisten?"
Arie ließ die Geste zu, erwiderte sie jedoch in keiner Weise.
"Nur für deinesgleichen bist du die Herrscherin der Stadt. Ich komme als ebenbürtige Handelspartnerin."
Selene lachte und ließ die Hand sinken, erhob sich dann geschmeidig von ihrem Bett.
"Niemand ist mir ebenbürtig, mein Kind.
Aber sprich weiter, ich bin geneigt, deinem Anliegen zu lauschen."
"Ich suche eine Arbeit."
"Ach wirklich? Nun, ich habe immer ein Zimmer für ein hübsches Mädchen frei, mein Liebling ist leider vor einiger Zeit gestorben."
"Ich werde nicht in deinen Gemäuern arbeiten und einen Mann nach dem anderen empfangen", antwortete Arie ruhig, ging nicht auf die Provokation ein. "Ich bin im Tanz bewandert und verfüge über ebenso viel Wissen über Kultur und Philosophie wie über die Künste zwischen den Laken. Ich will kein Spielzeug sein, sondern eine Begleiterin."
"Eine Hetäre also?" Selenes Blick wurde nachdenklich. "Ich erwähnte bei deinem letzten Besuch vor zwanzig Jahren - dreißig? - dass ich solche Damen für mich arbeiten lasse und du lehntest entschieden ab.
Woher kommt dein Sinneswandel?"
"Es gibt nichts mehr, was mich dazu verpflichtet, keine zu sein."
Aufmerksam beobachtete Arie die Vampirfürstin und war überzeugt, dass diese, wenngleich sie langsam auf und ab schritt und sich grübelnd gab, ihre Entscheidung schon getroffen hatte.
"Also gut", antwortete sie schließlich lächelnd. "Es ist mir einen Versuch wert. Aber wir müssen noch ein paar Dinge klarstellen ..."

Als Arie das Gebäude im Hafenviertel schließlich verließ, schien bereits die Mittagssonne auf sie herab.
Selene würde sie informieren, sobald ein Mann - oder eine Frau - sich für sie interessierte und sie würde selbst entscheiden, ob sie den Auftrag annehmen würde. Im Gegenzug verlangte Selene neben einer ausführlichen Berichtserstattung auch, dass keiner ihrer Kunden merklichen Schaden durch sie erleiden würde und dass die Hälfte der Lohn zwischen ihnen beiden geteilt wurde. Damit konnte Arie sich abfinden, schließlich achtete sie stets darauf, nicht zu viel Lebenskraft ihrer Opfer zu trinken und das Leben war außerdem weitaus günstiger, wenn man sich die Kosten für Nahrung und Getränke sparen konnte.

Morinth hatte gewartet bis Arie das Haus verließ. Hatte unter der Treppe bei den Spinnen und dem Staub gelegen, im dunklen, muffigen. Kichernd spielte er mit seinem Haar, ungeduldig.
Sobald Arie aus dem Haus und in sicherer Entfernung war, huschte der Erl aus dem Haus, ließ achtlos die Tür offen stehen. Er hatte gerade mal genug Geistesgegenwart seine Kapuze aufzusetzen und damit die widderähnlichen Hörner und langen, knorrigen Ohrmuscheln zu verbergen.
Vergnügt wie ein Kind strich er durch die Straßen, mal sichtbar, mal nicht.

Süffig süßer Geschmack in der Luft - Sex und Lust und käufliche Liebe - lockten jemanden in das Bordell, der dort eindeutig nicht hingehörte. Der nichts von der lauernden Gefahr bemerkte in der er schwebte, völlig gefangen in einer Mischung aus Nahrung und Spiel.
Morinth glitt von Zimmer zu Zimmer, mit feuchten Lippen und großen Augen, glänzend und schwarz. Hier ein flüchtiger Kuss, dort einer, meist waren Huren und Freier in Lust versunken, bemerkten nicht dass sie kurz von fremden Lippen geküsst wurden, den Geschmack von reifen Trauben, Wald und Wein schmeckten, im Gegensatz dafür, dass für einen winzigen Moment die Lust abflaute, pochend heiß wieder kehrte.

Eigentlich hatte Arie das Etablissement so schnell wie möglich zurücklassen wollen. Nicht nur, weil Selene keine Frau war, mit der sie nicht mehr Zeit verbringen wollte, als unbedingt nötig war, sondern auch, weil Bordelle für sie immer höchst anrüchige, abstoßende Orte dargestellt hatten. Es mochte seltsam, vielleicht gar grotesk anmuten, dass ein Succubus so fühlte, und doch eigentlich war es gerade dieser Umstand, dieses Dasein als Dämon, welcher in nicht unbeträchtlichem Maße zu dieser zugegebenermaßen ungewöhnlich sittenstrengen Einstellung beitrug.
Der Beischlaf war für Arie selbstverständlich wichtig, schließlich hing im wahrsten Sinne des Wortes ihr Leben davon ab, sich in regelmäßigen Abständen ihm zu widmen. Trotzdem, oder gerade deswegen, war er zu einem gewissen Grad heilig für sie. Sie war nicht mehr jung oder naiv genug, um zu glauben, dass Liebe eine Voraussetzung für fleischliche Lust sein sollte, doch eine gewisse Achtsamkeit, Fürsorge, Zuwendung über die Vereinigung zweier Körper hinaus, war ihr äußerst wichtig. Zwar konnten ihre Opfer freilich selten Zustimmung geben und sicher war es ebenfalls schwierig, eine geistige Beziehung zu ihnen aufzubauen, doch wenigstens bemühte Arie sich darum, sich dankbar zu zeigen, die Menschen hinterher sanft zuzudecken, sie vorsichtig in eine Lage zu betten, aus der heraus ihr weiterer Schlaf friedlich sein würde.
Und obwohl sie wusste, dass es das Leben durchaus vereinfachen konnte, hatte sie niemals einen Menschen verführt, ohne nicht auch von wenigstens einer seiner Eigenschaften angetan zu sein, sich vorstellen zu können, die Zeit mit ihnen auch anders zu verbringen.
Selbst bei ihrer Arbeit als Hetäre, welche sie ja vor geraumer Zeit bereits ausgeübt hatte, war es ihr wichtig, irgendeine Art Verbindung zu ihrem Klienten aufzubauen, ehe sie sich dem Akt widmeten.
Insofern schreckten jene Häuser sie ab, in denen man Intimität mit wenigen Münzen kaufen konnte, in denen die Huren nichts waren als Spielzeuge für die Freier, welche im Gegenzug nichts waren als eine Notwendigkeit, um länger ein Dach über dem Kopf und eine Mahlzeit auf dem Teller zu behalten.
Und in dieser Hinsicht unterschieden sich edle, teure Bordelle wie Selenes "Mondblüte" nicht im Geringsten von den billigsten Absteigen des Hafens oder den engen, schmutzigen Seitengassen des Armenviertels.
Aus diesen Gründen wollte Arie also am liebsten so schnell wie möglich von dannen ziehen, zurück in das Haus, in dem sie sich wohl und geborgen fühlte, und natürlich gab es einen spezifischen Grund, warum sie das nicht tat, warum sie nach wenigen Schritten in der Bewegung erstarrte, sich dann langsam umdrehte und sich schließlich in die Dunkelheit ihrer Magie hüllte, heimlich den Moment abwartete, dass ein Freier die Tür erneut öffnete, dann unbemerkt ins Innere des Bordells schlüpfte und beinahe panisch der Präsenz nachjagte, welche hier ganz klar nichts verloren hatte.
Morinths Präsenz nämlich.

Morinth schnurrte, seine Haut leuchtete beinahe, die dunklen Adern hoben sich nun deutlicher hervor, während seine Knochen von so viel Kraft vibrierten, niemand hatte gemerkt das er hier und dort genascht hatte, immer nur ein kurzer Schluck, ein flüchtiges Nippen. Arie wäre bestimmt stolz auf ihn, niemandem war etwas geschehen, alle waren noch quicklebendig, erinnerten sich nicht einmal an sein Gesicht.
Diese Hurenhäuser waren fantastisch, der Erl spielte mit dem Gedanken sich öfter an den Männern und Frauen hier zu laben, denn eine solche Bandbreite an schmackhaften Emotionen hatte er sonst nur selten.

Es stellte als nicht gerade schwierig heraus, den Erlen zu finden, schließlich wusste Arie genau, wonach sie suchen musste.
Dazu kannte sie Morinth gut genug.
Sie erwischte ihn, als er gerade aus einer Tür geschlichen kam, hinter der unverkennbare Geräusche hervordrangen.
"Komm mit", raunte sie, konnte die unter der Oberfläche brodelnde Wut leider nicht ganz verstecken, als sie ihn packte. "Wir müssen hier raus!"

Wäre es möglich gewesen, Morinth wäre vor Schreck aus seiner Haut gesprungen, wie ein Geschoss gegen die Decke geprallt vor Schreck. Wo war Arie jetzt so plötzlich her gekommen?!

Offenbar hatte Arie den jungen Dummkopf überrascht, und diese Gelegenheit nutzte sie, zog ihn mit sich, ehe er Widerstand leisten konnte. Die Vorstellung, durch den Eingangsbereich zu fliehen, sandte kalten Schweiß auf ihre Haut, selbst wenn man sie nicht sehen würde. Umso erleichterter war sie, als sie ein Fenster entdeckte, dass sich von Innen problemlos öffnen ließ. Durch dieses zwängte sie Morith und sich selbst, blieb jedoch auch im Freien nicht stehen, sondern zerrte den Erlen weiter mit sich, bis sie schließlich in einer Seitenstraße stehen blieb und aufatmete.

Zischend zerrte der Erl an seinem Arm, fand es überhaupt nicht komisch einfach so herum gezerrt zu werden. Er hatte niemanden getötet, nicht einmal jemanden wirklich verletzt! Sie waren alle zu sehr mit sich selbst und ihrer kleinlichen Lust beschäftigt gewesen um ihn wahrzunehmen.
"Ich habe niemanden verletzt!"

Arie ließ seinen Arm los und fuhr zu Morinth herum.
Und dann entlud sich ihre Wut in Form ihrer flachen Hand, die auf seine Wange klatschte.
Einen Moment lang stand sie erstarrt da, konnte selbst nicht glauben, was sie da gerade getan hatte.
Dann holte sie tief Luft, doch obgleich sie sich wieder im Griff hatte, bebte ihre Stimme noch immer, als sie antwortete:
"Hast du überhaupt eine Ahnung, in wessen Haus du dich da geschlichen hast!?"

Selbst ohne seine Lippen auf die ihren zu legen, konnte Morinth den scharfen, sauren Zorn des Succubus auf der Zunge schmecken. Und dann - plötzlich - war da Salz und Nass und kupferne Schwere. Schmerz pulsierte, seine aschbleiche Haut wurde kirschrot, färbte sich wütend, als Reaktion auf den Schlag.
Ihre Worte klangen dumpf, wie durch Watte, er hörte sie, doch registrierte sie nicht. Stattdessen zuckte er zurück, tastete nach dem Verstecken, hüllte sich hinein und flüchtete.

Arie wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte und sie bereute ihn nicht erst, als Morinth vor ihren Augen verschwand.
"Warte, Morinth!"
Sie fluchte leise und eilte dem Erlen nach, was nicht einfach war, denn ihre Fähigkeit, das andere Wesen zu spüren, war zu beschränkt, als dass sie seine genaue Position hätte lokalisieren können.

Es war leicht für jemanden mit Morinths Fähigkeiten, in der Menge zu verschwinden, unter zu tauchen. Selbst wenn er gelegentlich schluchzte, so ging dieser Laut vollkommen unter.






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