01. Tick Tack
Durch die glatt geschliffenen Gläser der Lupe wirkte das eigentlich filigrane Zahnrad so unproportioniert groß, dass Abel sich für einen lächerlich winzigen Moment fragte, wie es eigentlich in die elegante, zarte und vor allem zerbrechliche Spieluhr passte. Seine Finger hielten die Pinzette mit ruhig, still, fügten das goldene Rädchen in das Gesamtbild ein.
Ein Lächeln huschte über Abels Lippen, als er sich dem nächsten, sorgfältig aufgereihten Bauteil zuwandte, die zarte Metallfeder mit der Pinzette aufhob, leicht im Licht drehte. Das sauber polierte Metall warf helle Lichtreflexe, ließ sie durch den Laden flitzen, ähnlich Mäusen auf der Flucht vor der Katze.
Der Laden. Clocktower, das war Abels ganzer Stolz. Er hatte ihn mit Schweiß und Blut aufgebaut - sinnbildlich gesprochen. Er lag etwas versteckt, in einer überdachten Passage, gegenüber von einem Pfandleihhaus, hatte zwei Arbeitstische mit je einem Set der filigranen, präzisen Werkzeuge, Lupen an verstellbaren Gestellen. Getrennt wurden Arbeits- und Verkaufsbereich von einer Theke mit Vitrine, durchgehend, durch die gesamte Länge des Ladens. Man konnte von den großen Schaufenstern mit den golden eingeätzten Buchstaben ins Innere sehen, beobachten wie Uhren verkauft, repariert, hergestellt wurden.
Finley saß etwas abseits seines Lehrmeisters und beobachtete fasziniert die ruhigen, geschickten Handgriffe seines Meisters. Seit wenigen Wochen erst arbeitete er hier, ging ihm dann und wann schon zu Hand, viel öfter aber saß er einfach da und schaute mit wissbegierigen Augen hinter seiner Brille hervor dabei zu, wie Meister Vernier kaputten Spieldosen wieder Melodien entlockte oder stehende Uhren wieder zum Laufen brachte, oder aber etwas völlig neues schuf.
Er genoss es, hier zu sein, die frustrierenden Tage an der Akademie hinter sich gelassen zu haben und nun ein Handwerk zu erlernen, das ihn wirklich interessierte.
Finley genoss es auch, nicht mehr bei seiner Familie in Crownshaven zu leben. Mit der traurigen, apathischen Mutter, dem Vater, der sich in Arbeit vergrub, und dem Bruder, der abweisend und launisch geworden war.
Nur Evie vermisste er, doch ihr schrieb er regelmäßig Briefe und sie hatte angekündigt, ihn bald zu besuchen...
Es klickte, ein leises Geräusch, das Abel den Hauch eines Lächelns entlockte. Die zarte, metallene Feder rastete in ihre vorgesehene Position ein, ließ sich leicht und geschmeidig spannen. Ruhig strich er sich eine vorwitzige, dunkle Strähne zurück hinter das Ohr, die kleinen, goldenen Stecker in seinen Ohrläppchen blitzten dabei leicht auf.
Ein kurzer Blick hoch, in den Laden, zeigte ihm, dass Finley - der Lehrling - noch zusah. Der Steppenherr leckte sich die Lippen, ehe er die sechseckige Spieluhr, ihrer Hülle aus dunklem Edelholz und Elfenbein beraubt, leicht in Finleys Richtung schob, das Kinn auf eine Hand gestützt. Die Pinzette gegen den Kohlestift austauschend, schrieb Abel, was er nicht mehr sprechen konnte.
'Kannst du den Fehler erkennen?'
"Hmmm..."
Stirnrunzelnd las Finley die Botschaft, welche der Meister ihm auf die kleine Tafel geschrieben hatte, ehe er das metallen schimmernde Konstrukt, die Innereien der Spieluhr begutachtete. Auf den ersten Blick sah alles richtig aus, kein Rad war zu locker, alles saß an der richtigen Stelle. Bis man genauer hinschaute.
"Ähm... ist es die Feder?", fragte Finley und deutete mit dem Finger vage in die Richtung des entsprechenden Teils, was bei der winzigen Größe wenig präzise war. "Sie blockiert die Räder... glaube ich."
Lächelnd nickte Abel, das einzige, was er noch konnte. Lachen, Kichern, reden, all das war außerhalb seiner Möglichkeiten, egal wie sehr er sich anstrengte.
Beinahe schon feierlich überreichte er die Pinzette an seinen Lehrling, forderte ihn so auf, den Fehler zu beheben. Anders würde Finley nichts bei ihm lernen, fielen die obligatorischen Erklärungen doch zu meist aus.
Allerdings war Abel überaus froh, dass der Lehrling das sprechen übernahm, er hatte lange um sein Geschäft gebangt, denn obwohl er Stammkunden hatte, sein Ruf ließ ihn wenig anziehend für erfolgreiche Geschäfte erscheinen.
Mit großen, braunen Augen schaute Finley erst auf die Tafel, dann in Meister Verniers Gesicht.
"Wirklich ...? Ich? soll ...?"
Dann erwiderte er das Lächeln scheu.
"Ich... ähm.. ich versuche es dann mal."
Er nahm die Pinzette in die rechte Hand, rückte mit der linken die Brillengläser zurecht, bevor er sich vorbeugte und das Gerät nah an sich heranzog. Er nahm sich Zeit, die Feder aus allen Winkeln anzuschauen, obwohl der Blick, welcher auf ihm ruhte, ihm sofort Unbehagen bereitete. Finley wusste natürlich, dass es notwendig war, aber das änderte nichts daran, wie unangenehm es ihm jedesmal war, bei der Arbeit beobachtet zu werden, damit zu rechnen, jeden Moment harsche Kritik zu ernten und jeden der eigenen Fehler aus einem anderen Munde zu hören...
Vorsichtig und langsam streckte er schließlich die Hand aus und tastete mit der Pinzette vorsichtig nach der winzigen, silbrig schimmernden Feder. Damit griff er sie, drückte vorsichtig, um zu prüfen, in welche Richtung sie sich lösen würde. Und dann nahm er sie vorsichtig heraus.
Fragend blickte er seinen Meister an.
"Ist das so richtig?"
Abel setzte sich auf und besah sich die Feder genau, sah, dass sie noch in einem Stück war. Zufrieden nickte er und lehnte sich dann wieder zurück. Jetzt würde Finley das kleine, metallene Bauteil wieder richtig herum einfügen müssen. Wenn er es richtig machte, im richtigen Winkel, dann würde die kleine Feder beinahe mühelos in ihrer Halterung verschmelzen, die Zahnräder richtig greifen und die Spieluhr wieder funktionieren.
Erleichtert atmete Finley auf.
Offenbar machte er nicht alles falsch.
Er wandte sich wieder von Meister Vernier ab und der Spieluhr zu, drehte die Feder nachdenklich mit der Pinzette, hielt sie mehrfach in etwas unterschiedlichen Winkeln prüfend an, um abzuschätzen, wie es richtig sein würde.
Dann schob er sie vorsichtig in die winzige Lücke, achtete genau darauf, dass sie den Rädchen nicht in die Quere kommen würde.
"So ...?"
Abel rutschte mit seinem Stuhl näher, sah einen Moment lang durch die Lupe und legte dann seine Finger führend, leitend über Finleys, dirigierte die Pinzette und Finleys Hand, bis die Feder mit sattem knacken einrastete. In der richtigen Form, an der richtigen Stelle.
"Danke", murmelte Finley und senkte den Kopf ein wenig.
Meister Verniers Hand war warm und ruhig und so viel sicherer, geschickter als seine eigene. Wahrscheinlich könnte er Jahrzehnte lang üben und würde niemals so gut sein wie er.
Das Holzgehäuse inzwischen wieder auf der Spieluhr montierend hob Abel den Kopf, lächelte seinen Lehrling lobend an. Rasch zog er die letzten filigranen schrauben fest und zog die Spieluhr auf. Eine liebliche Melodie erklang, während eine hübsche Tänzerin aus Elfenbein sich drehte.
Gut gemacht.
Den Kohlestift wieder zur Seite legend schob Abel die kleine Tafel zu Finley.
"Danke."
Finleys Nervosität schwand. Es erleichterte ihn, etwas richtig gemacht zu haben und, obwohl es nur etwas so kleines war, erfüllte es ihn mit Stolz. Er lernte vielleicht langsam, aber wenigstens lernte er.
Und konnte nun dabei zusehen, wie die kleine Figur zu der zarten, süßlichen Melodie tanzte.
Abel lächelte breit und kritzelte dann erneut auf seiner Tafel, wischte etwas fort und verbesserte es.
Was macht der Auftrag der Havenports?
Mit dem Kohlestift deutete Abel auf die große, hölzerne Pendeluhr, deren Innenleben auf Finleys Arbeitstisch ausgebreitet lag, die Hälfte poliert, die andere Hälfte noch verschmiert von altem Staub.
Bis wann wollte die Lady sie wieder haben?
"In einer Woche", antwortete Finley leise. "Ich ... sollte mich wieder an die Arbeit machen."
Es fiel ihm nicht schwer, mit kleinen, empfindlichen Teilen zu hantieren, sie zu säubern und so zur Seite zu legen, dass sie nicht verloren gehen würden. Das kannte er gut genug vom Modellbau.
Allerdings war er lieber besonders vorsichtig, solange er noch nicht besser mit der Materie vertraut war, noch nicht wusste, welches Teil was genau im Gesamtgefüge bewirkte.
Nachdenklich nickte Abel, ehe er die Spieluhr auslaufen ließ, dann vorsichtig zu klappte und in einer gepolsterten Kiste verstaute. Er verschloss die Kiste und nahm dann einen sauberen Bogen Papier, eine Feder in der Hand. Kurz überlegte er, dann jedoch setzte der Steppenherr den Brief auf, dass die Spieluhr fertig gestellt war, auf ihre Abholung wartete.
Finley entfernte sich stumm und setzte sich wieder an seinen eigenen Arbeitstisch.
"Mein lieber Finley.
Es ist schon so lange her, dass wir uns gesehen haben."
Er nahm ein kleines Zahnrad zwischen die Finger und rieb vorsichtig mit seinem Tuch daran, sah durch die Brillengläser in aller Feinheit, wie die Staubkörner herabfielen, den auf dem Tisch landeten.
"Wir waren gestern bei Megan. Sie hätte sich bestimmt gefreut, wenn du auch da gewesen wärst. Egal was passiert ist."
Er legte das Rädchen beiseite, zu den sauberen Teilen und nahm sich eine Feder, wiederholte den Vorgang, bis sie blank poliert war.
"Mutter geht es nicht gut. Sie hat noch auf dem Heimweg geweint und war in den letzten Tagen sehr geistesabwesend. Ich hatte gehofft, es würde besser werden, nachdem sie sich nach deinem letzten Brief so sehr gefreut hat ... aber vielleicht war das kalt von mir."
Er legte auch die Feder beiseite, starrte einen Augenblick lang ins Leere.
"Ich freue mich, dich bald zu sehen."
Dann seufzte Finley und machte sich wieder an die Arbeit. Das war wichtiger, als über die Briefe seiner Schwester zu grübeln.
Irgendwann verspürte Abel den Drang nach einem starken, erfrischenden Getränk. Er erhob sich leise, legte sacht eine Hand auf Finleys Schulter um ihn nicht zu erschrecken. Als Erklärung hielt Abel seine leere Tasse hoch, der in der er immer seinen Kaffee genoss. Ein teures Gebräu, dass seinen Geist erfrischte und weckte, das mit etwas Sahne und Milch herrlich schmeckte.
Vielleicht wollte Finley ja auch eine Tasse davon, er könnte es wirklich gebrauchen, so verloren und müde wie er manchmal wirkte.
Finley fuhr leicht zusammen, als er die plötzliche Berührung an seiner Schulter spürte.
Eine Sekunde lang schaute er blinzelnd in Meister Verniers graue Augen, ohne zu begreifen, was er meinte.
Dann wanderte sein Blick zu der leeren Tasse, die der Uhrenmacher ihm so dicht vor die Nase hielt, dass er sie eigentlich sofort hätte bemerken müssen, und verstand.
"Gerne", sagte er mit einem dankbaren Lächeln. Kaffee hatte Finley immer schon geliebt, obwohl er so viel Milch hineinzuschütten pflegte, dass das Getränk farblich eher hellem Karamell glich. In Crownshaven hatte er ihn nur zu besonderen Anlässen trinken dürfen, weil seine Eltern die dunklen Bohnen immer für zu teuer befunden hatten. Umso glücklicher machte es ihn, wenn Meister Vernier es ihm hier anbot.
Lautlos lachte Abel, amüsiert über seinen verträumten Lehrling. Um Finley zu zeigen dass er ihn nicht verspottete, klopfte er ihm lobend auf die Schulter, ehe er dann im hinteren Bereich des Ladens verschwand. Man hörte ihn hantieren, das leise rieseln von Kaffeebohnen die nachgefüllt wurden, ehe man sie leise knirschend zu Pulver zermalmte. Er setzte Wasser auf, ließ es hochkochen.
Während das Wasser kochte, der zu Pulver gemahlene Kaffee am Boden zweier Tassen auf es wartete, richtete Abel den grünen Seidenschal um seinen Hals, lockerte ihn und zog den Knoten doch wieder stramm als er bemerkte, dass... sie hervor blickte.
Sie, eine lange Narbe, heller als seine restliche Haut. Wenn er über sie strich, spannte die Haut, er sah vor seinem inneren Auge wieder den Spiegel, der ihm alles mit grausamer schärfe sehen ließ. Er selbst auf allen vieren, den Hintern wie eine Katze in Hitze ausgestreckt und... Cedric. Groß, dunkel. Seine Hand in seinem Haar, der stetige Schmerz den Abel immer für Liebe missverstand hatte, die Demütigung und das Messer.
Hohes Pfeifen weckte seine Gedankenstarre, Abel griff beinahe schon mechanisch nach dem Kessel, zog ihn vom Feuer und goss heißes Wasser über den wartenden Kaffee. Er gab Sahne und Milch bei sich und nur Milch bei Finley hinein. Dann balancierte er die Tassen vorsichtig zurück.
"Danke", sagte Finley, als Abel zurückkehrte und nahm die dampfende Tasse vorsichtig entgegen. Das Aroma des frisch gekochten Getränks stieg sofort in seine Nase, ließ das Wasser in seinem Mund zusammenlaufen. Und dann erst der Geschmack - herb, aber in der gesamten Bitternis abgemildert durch die Milch.
Wieder einmal war er froh, hier gelandet zu sein, bei einer Arbeit, die ihm gefiel und einem Meister, der ihn mit Freundlichkeit behandelte. Was wollte er mehr?
Abel nickte nur, ein Zeichen dass er den Lehrling vernommen hatte, dann jedoch setzte er sich zurück an seinen Werktisch, starrte mit leerem Blick in die Tasse, ohne den Kaffee oder etwas anderes wahrzunehmen. Unbewusst legte sich seine Hand an die Narbe, als könne er vergangenen Phantomschmerz durch die Wärme seiner Haut vertreiben.
Wie geschockt er gewesen war, mit verstummter Stimme hatte er geschrien, sich gegen die Hände der Heiler gestemmt, üble Flüche im Kopf und die schlimmsten Verwünschungen nur für seine Eltern. Denn sie hatten blutige Rache für Abels geraubte Stimme verübt, Cedric den unwürdigsten, grausamsten und langsamsten Tod sterben lassen, der legal zur Verfügung stand.
Lange hatte Abel gebraucht, lang um zu überlegen, zu erkennen was anderen sofort auffiel. Diese Liebe hatte nur in seinem Kopf existiert, war einzig ein Vorwand um nicht überlegen zu müssen, warum Cedric immer mit Demütigung, Schmerz und Qual die nichts mehr mit Lust zu tun hatte, reagierte.
Es gab nichts, was Finley so viel Kraft schenkte, seine Arbeit derart beflügelte, wie Kaffee es tat. Wenn er flüssig und heiß durch seine Adern rann, schien selbst das mühselige Putzen winziger Einzelteile wie ein angenehmes Kinderspiel.
Was nicht bedeutete, dass ihn nichts aus der Ruhe bringen konnte.
Es war nur eine Kleinigkeit, ein kurzer Moment der Ablenkung durch irgendetwas, das sogleich wieder aus seinen Sinnen verschwand, das ihn aufschauen ließ. Und während er noch nach dem Henkel seiner Tasse griff, um einen weiteren Schluck zu nehmen, blieb sein Blick an Meister Vernier haften. Unbewusst, wie Blicke es nun einmal taten, wenn man glaubte, selbst nicht gesehen zu werden.
Überraschend schnell hatte Finley sich an die auf den ersten Blick so abweisende Art des Uhrmachers gewöhnt, an seine dunkle Haut, die fremdländischen Züge, so anders als die der Menschen, mit denen er zuvor stets im Kontakt gestanden hatte, so anders als seine eigene. Aber das bedeutete nicht, dass er in den Mann schauen konnte. Dass er viel über ihn wusste oder überhaupt irgendetwas von Belang, außer vielleicht, dass er stumm war.
Und so wusste er auch nicht, was diese Traurigkeit war, die ihm in diesem Moment anhaftete, die er ausstrahlte, während er dort an seinem Tisch saß, regungslos und ... gebrochen. Gebrochen war das beste Wort, das Finley zur Beschreibung eingefallen wäre.
Lautlos seufzte Abel, schob seine noch volle Tasse zur Seite und rieb sich die Schläfen, kurz über die Augen und griff dann nach der alten, goldenen Taschenuhr, die in einem weißen Samtgepolsterten Kästchen darauf ruhte, dass er ihr wieder Leben einhauchte.
Die sonst so ruhige Hand zitterte, es klirrte hell als die Pinzette eine der feinen Federn zerbrach und mit einem stummen, frustrierten Aufschrei ließ Abel das Instrument fallen, vergrub die Hände in dem dunklen, dicken Haar. Warum musste er dauernd über Cedric nachdenken...
Du bist doch TOT! TOT!, schrie er, immer wieder mit innerer Stimme. Lass mich endlich in Ruhe, lass mich!
Finley fuhr zusammen, als ihn der Lärm jäh aus seinen Tagträumereien und Spekulationen über den Geisteszustand seines Lehrmeisters riss.
"Ist alles in Ordnung?", fragte er kleinlaut, denn mit einem Mal wurde ihm schamvoll bewusst, dass er Meister Vernier die ganze Zeit angestarrt hatte.
Kopfschüttelnd vergrub Abel die Hände in seinem Haar, senkte den Kopf bis seine Stirn in den Ellenbeugen ruhte. Er zwang sich ruhig zu atmen, doch konnte nicht verhindern, dass seine Schultern erzitterten. Er unterdrückt aufschluchzte.
Nein...nein, es ist gar nichts in Ordnung.
Erschrocken rückte Finley seinen Stuhl nach hinten und stand dann auf, um auf seinen Meister zuzueilen.
"Habt Ihr Euch verletzt?", fragte er besorgt und stellte sich neben ihm, legte zögerlich eine Hand auf die Schulter. "Soll ... soll ich einen Arzt rufen?"
"...", die Worte versuchten Abels Kehle zu entkommen, doch nichts als leiser Atem kam über seine Lippen. Frustriert sah der Uhrmacher sich auf seinem Schreibtisch um, griff nach der lächerlichen, notwendigen Tafel. Seine Hand zitterte, ungewöhnlich vor allem für ihn.
Noch während er mit dem Kohlenstift die Buchstaben niederschrieb, spürte Abel, dass er heute wieder Alpträume haben würde, dass Cedric, obwohl sein Herz nicht mehr schlug und sein Leib unter der Erde in einem Massengrab verrottete, heute hämisch grinsend seinen Tribut fordern würde.
Ich werde nach oben gehen und mich eine Weile hinlegen.
Kurz zögerte Abel, musterte seinem Lehrling durch einen Vorhang aus schwarzem Haar.
Du hast den restlichen Tag frei.
Um seine nachdrücklichkeit zu zeigen unterstrich Abel energisch den kurzen Satz. Dann erhob er sich, sperrte die gläserne Ladentür ab. Sollte Finley raus wollen würde er die Hintertür nehmen müssen. So wie immer.
Mit schweren, schleppenden Schritten zog Abel sich in sein Zimmer zurück.
Betroffen schaute Finley dem Uhrmacher nach. Er wusste nicht, was er davon sollte.
Ein gutes Gefühl, ihn alleine zu lassen, mit sich selbst und dem Kummer, hatte er nicht, es schmerzte ihn irgendwo, nichts tun zu können. Aber was sollte er schon tun? Er war nur ein kleiner, unwissender Lehrling, ein Junge, der in den Augen des Gesetzes und der Welt noch nicht einmal erwachsen war.
Seufzend rückte er die Brille zurecht und bückte sich, um die zu Boden gefallene Taschenuhr aufzuheben. Behutsam legte er sie auf den Tisch, stand noch einen Augenblick lang nachdenklich da, ehe er das Gebäude durch die Hintertür verließ.
Einen freien Nachmittag ließ man trotz allem nicht einfach verstreichen.
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