Gwarens Lager

Gehorsam trank Tiamat die dargebotene Flüssigkeit.
Sie konnte nur kleine Schlucke nehmen und bitter wie das Getränk war, musste sie sich dazu überwinden.
Doch sie klagte nicht, würgte den Tee nach und nach herunter, bis der Becher leer war und sie erschöpft zurücksank.
"Habt Dank", murmelte sie.

Gwarens Lager

Tränen stiegen in Tiamats Augen und sie wimmerte leise, als sie den brennenden Schmerz in ihrem Fleisch spürte.
Der Geruch verbrannten Fleisches drang in ihre Nase, verursachte ihr Übelkeit.
Doch sie hielt still, biss tapfer auf das Leder und ertrug die Qual.
Sie würde vergehen.
Und schließlich wusste Tiamat, wofür sie litt.
Für wen.

Gwaren Lager

"Wenn... ihr es ... mir ge...ben wollt, Mylord", antwortete Tiamat und endlich gelang es ihr, die Augen einen Spalt weit zu öffnen. Ihre Sicht wahr allerdings verschwommen.
"Ihr seid ... zu gü...tig."

Gwarens Lager

"Aber ... Ihr ..."
Tiamat blinzelte, sah den Mann vor sich wieder klarer.
"Ihr seid ... nicht ...?"
Sie schaute zur Seite.
Wie hatte sie sich täuschen können?
Natürlich war es nicht Lord Leonis.
Sie war so weit weg von zu Hause, wie hatte sie das vergessen können?
"Verzeiht, Gwaren", murmelte Tiamat.
"I-ich hatte E-euch ... mit jemandem ... verwechselt."
Das Essen nahm sie entgegen, obwohl sie keinerlei Appetit verspürte.

Gwarens Lager

Einen Moment lang schwieg sie.
"Tia."
Dann biss auch Tiamat gehorsam in die Karotte.

Gwarens Lager

"I-ich wollte ... e-einfach nur ein b-bisschen a-alleine sein ..."
Tiamat erzitterte.
"U-und d-dann ist d-dieses ... U-ungeheuer a-aufgetaucht und hat m-mich ... u-und d-das andere i-ist dann ..."
Ihr Atem ging flacher, in ihren Augen stand reine Furcht.

Gwarens Lager

"I-ich konnte e-es nicht g-genau erkennen", antwortete Tiamat bedrückt.
"Ich h-hatte Schattenzauber z-zu meinem Schutz gewirkt ... a-aber meine S-sicht wurde d-dadurch eingeschränkt."
Zitternd setzte sie sich halb auf, presste die Zähne zusammen, als eine weitere Schmerzwelle über sie lief.
"E-es war g-groß u-und schnell ... m-mit scharfen K-klauen und l-leuchtenden A-augen ..."

Gwarens Lager

"D-danke."
Tiamat senkte den Blick.
"Wie k-kann ich m-mich bei E-euch e-erkenntlich zeigen?"

Gwarens Lager

Tiamat nickte langsam.
"I-ich ... werde t-tun, was i-immer Ihr wünscht", erklärte sie ernst.
"Schließlich ... habt Ihr m-mein Leben g-gerettet ..."
Auch wenn es kein wertvolles war.
Obwohl es kein wertvolles war.

Gwarens Lager

Tiamat nickte.
Sie war erschöpft, ausgelaugt, von diesem Tag, von all den Wunden.
Und doch fand sie noch keinen Schlaf, als sie die Augen schloss.
Zu lebhaft sah sie alles noch vor sich.
Zu sehr fürchtete sie ihre Träume.
Zu groß war ihre Angst, nicht mehr da zu sein, wenn sie erwachte.
Nicht mehr sie selbst zu sein, sich nicht mehr zu gehören ...

Gwarens Lager

Tiamat schlug ihre Augen wieder auf, schaute den Katzenelfen an.
"N-nein", antwortete sie schließlich und senkte den Blick. "M-mein Kind i-ist noch n-nicht g-geboren u-und niemand w-würde jemals a-auf mich warten."

Gwarens Lager

Tiamat schlang die Arme enger um sich, obwohl es ihre Wunden schmerzhaft zusammenzog.
"M-mit d-den Narben, d-die bleiben werden, w-wird mich wirklich n-niemand wollen.
A-aber das i-ist a-auch nicht w-weniger a-als vorher."
Sie verstand nicht, wie er von vielen Verehrern sprechen konnte.
Niemals war sie mehr gewesen als ein Mittel zum Zweck - ein Spielzeug vielleicht für manchen.
Und das eine Mal, dass sie geglaubt hatte, es könne anders sein, war sie bitter enttäuscht worden.
Es war ihr nicht vergönnt und sie hatte es auch nicht anders verdient.
Das durfte sie nicht vergessen.

Gwarens Lager

"Mylord ..."
Tiamat regte sich, murmelte ein paar weitere verwirrte Worte, ehe sie die Augen aufschlug und erkannte, wo sie sich befand und wer bei ihr war.
"J-ja", antwortete sie leise und richtete sich zittrig auf, nur um sofort wieder zurückzusinken, weil ihr schwarz vor Augen wurde.
Erst beim zweiten Versuch gelang es ihr, stehen zu bleiben, während sie sich an einem nahestehenden Baum festhielt.